Full text: Aus dem Deutschen Reiche (H. 1)

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Weg von Bremerhaven bis zum gemeinschaftlichen Schnittpunkte sämtlicher 
Schiffswege in der Ostsee gegenüber Moen um Skagen 646 Seemeilen 
(1 Seemeile = 1,855 km) beträgt und (bei 8,25 Seemeile Geschwindigkeit 
in der Stunde) etwa 72 Stunden dauert, mißt er unter Benutzung des Kanales 
nur 272 Seemeilen und währt unter Hinzurechnung von 3 Stunden Anfent- 
halt bei den Schleusen u. s. w- nahezu 40 Stunden; es ergiebt sich also ein 
Gewinn an Wegelünge von 323 Seemeilen, an Zeit von 33 Stunden. Noch 
größer ist der Gewinn für die Strecke Hamburg-Kiel. Sie beträgt um Skagen 
776 Seemeilen, durch den Kanal 95 Seemeilen, erfordert also statt 94 Stunden 
nur 18 Stunden Fahrzeit. 
^Nebeu diesem Zeit- (und Geld-) Gewinne sind als Vorzüge der Kanal- 
fahrt noch die erheblich größere Sicherheit und die daraus folgende Herab¬ 
setzung der Versicherungsgebühren in Anschlag zu bringen. Ihnen steht freilich 
die zu erhebende Kanalabgabe gegenüber; sie ist aber einschließlich des Schlepper¬ 
lohnes für Segler so niedrig bemessen, daß sie kein Hinderungsgrnnd für die 
Benutzung des Kanales wird. Zn dieser wirtschaftlichen Bedeutung des Kaiser 
Wilhelm-Kanals komknt noch eine große militärische Bedeutung. Sie beruht 
auf der Thatsache, daß jetzt die deutsche Flotte, ungesehen und ungehindert 
vom Feinde, binnen 24 Stunden in einem der beiden deutschen Meeresleile 
nach Bedarf verstärkt werden kann. 
Besondere Erwähnung verdient noch, daß der Kaiser Wilhelm-Kanal von 
Meer zu Meer als reiner Durchstich, ohne jede Schleusentreppe, geführt ist. 
Der Kanal kann demnach in einer Tour von den Schiffen passiert werden, 
ohne daß diese, wie sonst bei Kanälen üblich, durch eine Reihe von Kammer¬ 
schleusen zu einem höheren Niveau — der Scheitelhaltnng eines Kanales — 
hinauf und dann vermittelst Schleusen wieder znm Meeresnivean herabzn- 
steigen brauchen. Da jedoch die Unterelbe unter dem Einflüsse der Flut- 
bewegnng der Nordsee steht und auch die Ostsee, wenn auch nur zu stürmischen 
Zeiten, wechselnde Wasserstände bietet, so war an den Kanalmündungen die 
Anbringung von Abschlußschlensen erforderlich. Z 
Der Wasferstand im Kanäle soll in seiner ganzen Länge gleich dem 
Wasserstande der Ostsee sein, der zu 23 cm unter Normalnnll angenommen 
wird, also um 23 cm niedriger als die für die Nordsee angenommene mittlere 
Wasserhöhe. Gegen die wechselnden (und dann Strömung verursachenden) 
Wasserstünde der Ost- und Nordsee ist der Kanal an jedem Ende durch je 
0 Eine dritte, wesentlich kleinere Schleuse vermittelt an der Nordseite von Rendsburg 
den Schiffsverkehr zwischen dem vom Kaiser Wilhelm-Kanale durchzogenen Obereiderbecken 
und der hier noch lebhaften, von Tönning bis Rendsburg hinauskommenden, Flutwechsel 
aufweisenden Unteveider. 
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