Full text: Theorie und Praxis der Heimatkunde

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Haare bilden den Kämmling, der in die Streichgarnspinnereien verkauft 
wird' die langen reinen Haare werden als Kammzug wieder gestreckt, ge¬ 
waschen und getrocknet, um endlich auf den Spinnmaschinen zu Garn 
versponnen zu werden. Entweder bleibt es nun naturfarben, oder es wird 
gefärbt, worauf es in den Webereien zu den verschiedensten Stoffen 
verarbeitet wird. 
Eine Spinnmaschine mit sechshundert Spindeln liefert täglich einen 
Faden von drei Millionen Meter Länge oder mehr, als früher sechshun¬ 
dert Arbeiter mit der Hand liefern konnten. Und doch sind jetzt mehr 
männliche und weibliche Arbeiter beschäftigt, die Maschinen zu bedienen. 
Nicht nur viele Bewohner von Wilkau, sondern auch eine große Anzahl 
aus den umliegenden Orten finden in der Dietelschen Fabrik lohnenden 
Erwerb. 
Wir verlassen den freundlichen Fabrikherrn, nachdem wir ihm für 
seine lehrreiche Führung gedankt haben und fahren unserer Heimat zu, 
noch lange den Rauch am Himmel verfolgend, der dem hohen Schorn¬ 
steine des Dietelschen Maschinenhauses entströmt und uns Kunde gibt, 
daß rastlos arbeitende Maschinen und rührige Menschenhände nicht müde 
werden, aus dem Kleide des Schafes wärmende und schützende Stoffe 
herzustellen. 
Hanckel, Wilkau. 
(4. Schuljahr.) 
47. Wie das Tuch zu meinem Kleide entsteht. 
Du hast einen treuen Begleiter tagaus und tagein; in Sturm und 
Schnee wärmt er dich und schützt dich vor Krankheiten, des Sonntags 
putzt er dich: es ist dein Kleid. Da das Tuch dazu in deiner Heimat, 
besonders in Kirchberg und seiner Umgebung, in zahlreichen Fabriken 
hergestellt wird, will ich dir beschreiben, wie es entsteht. Drum folge 
mir einmal im Geiste hin zu jenem hohen Fabrikgebäude! 
In den Fabrikhof fährt eben ein Rollwagen ein, hochbeladen mit 
großen Säcken. In ihnen ist Wolle enthalten. Sie wird von den Ar¬ 
beitern in blauen Jacken behend abgeladen und in einen Raum der 
Fabrik gebracht. Dort stehen trommelähnliche Maschinen, welche die 
Wolle in kleine Fädchen zerreißen, damit sie mit andern Wollsorten ver¬ 
mengt werden kann. Die reißenden Maschinen führen den Namen Wolf. 
Wir treten nun in den großen Krempelsaal ein. Von dem Rasseln 
der Maschinen wird uns ganz angst, bald aber werden wir's gewöhnt 
und sehen uns in dem Raume um. Hier stehen große, bürstenähnliche 
Walzen, die Krempeln. Die Wolle wird von ihnen noch feiner zer¬ 
rissen und kommt als breite Schicht wieder zum Vorschein. Dieses 
Vlies wird durch Maschinen in ganz dünne Bänder zerschnitten, die auf 
lange Holzwalzen aufgewickelt werden.
	        
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