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Heimat ist doch eben diese Heimat eine besondere. Für den Massen-
Unterricht an der Volksschule kann es sich natürlich nur um jene
Züge und Momente handeln, die allen Einzelersahrungen gemeinsam
sind. Indem wir uns aber als Mittelpunkt der Heimat den Men-
schen denken, und zwar denken als den von der Heimat beeinflußten,
aber auch als den die Heimat stetig beeinflussenden, so wird die
Heimatskunde zu einer Allerweltsknnde im guten Sinne, zu einem
Jdealsach, zur Kulturkunde. Aufgabe der Heimatkunde ist, soweit
das mit Kindern möglich ist, die umgebende Kultur verstehen, ver-
werten, genießen und sortbauen zu lehren, Lebenskunde soll die Hei-
matkunde sein, und indem sie das frisch pulsierende Leben packt, ist
sie auch Gegenwartskunde. Den ganzen Menschen umspannt die
Heimat, den ganzen Menschen mit all seinem Sein und Werden,
mit all seinem Denken, Fühlen und Wollen. Sie ist ja „das Stück
Erde mit seinen natürlichen und menschlichen Verhältnissen, welchem
der Einzelne die ersten nachhaltigen, stets von einem starken Gefühlston
begleiteten Eindrücke verdankt, die bei allem Wechsel des Innenlebens
einen bleibenden Grundzug seiner Individualität bilden." Heimat
und Individualität stehen also in engster Beziehung: Die Heimat
bildet und formt zu einem gut Teil die Individualität ihrer Bewohner.
Dieser Prozeß, der überwiegend ohne unser Wollen und Zntnn vor
sich geht, soll von der Schule gleichsam planmäßig begleitet, fortgesetzt
und zum Bewußtsein gebracht werden. Den ganzen Menschen zu
bilden, ist also die Aufgabe der Heimatkunde. Nicht um ein bloßes
Kennenlernen der Heimat handelt es sich, nicht um ein Wissen in
erster Linie, sondern um ein Erfassen der Heimat in ihrer Totalität,
um sie begreifen, sie lieben und für sie handeln zu lernen. Abzu-
weisen ist also jene Dienstmanns- und Briefträgerheimatkunde, die
sich nicht genug tun kann in Aufzählung und EinPrägung aller
Straßen und Plätze, abzuweisen jene Fremdenführerheimatkunde, die
jedes Gebäude mit all seinen Einzelheiten und Kuriositäten in den
Rahmen ihrer Betrachtung zieht, abzuweisen jene Heimatkunde, die
den engen Kreis der Heimat wieder gewissenhaft in zehn oder zwölf
„Landschaftsbilder" oder „landschaftliche Individuen" zerlegt und
damit vermeint die Heimat bemeistern zu können. Gerade das zu-
letzt genannte Verfahren läßt erkennen, daß die Geographie immer
noch zu sehr topographisch aufgefaßt wird. Aber gerade geographische
Probleme hängen überall mit geschichtlichen, naturgeschichtlichen,
physikalischen, wirtschaftlichen, politischen, nicht selten auch religiösen