in das historische Studium.
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sich Griechen, durch der Alexandriner wissenschaftliche Fortschritte und be-
harrlichen Sammlerfleiß, im Besitze vielseitiger gelehrter Hülfmittel, um
historische Darstellung große Verdienste; Polybios [183] gab ihr di¬
daktische Richtung und pragmatische Bestimmung zur historischen Bildung
des Staatsbürgers für das Geschäftleben; Strabon; Dionysios von
Halikarnassos [ l n. CH. G. ] verbindet gründliche Forschung mit reifem
Urtheile, und sein Zeitgenosse Diodoros aus Sicilien umfasset den
ganzen welthistorischen Stoff mit preiswürdigem Fleiße; Plutarchos
[100] brach für die psychologische Lebenbeschreibung die Bahn; und Ar-
rhianos[117], Dion Kassios [222] und Herodianos [238] ha¬
ben in Hinsicht auf Prüfung und Gestaltung des historischen Stoffes un¬
bestrittenen Werth; Z o sim os [410] steht wegen Unbefangenheit in Ach¬
tung. — Die römischen Historiker bildeten sich, mit dem ihnen eigen-
thümlichen praktischen Sinne und streng männlichen Ernste, nach griechi¬
schen Mustern; das Gefühl der durch Weltherrschaft verherrlichten Natio¬
nalgröße und strafender Unmuth über den Tugend- und Sittenverfall ih¬
res Volkes walten oft in ihren Werken vor. Julius Cäsar [45 vor
CH.] durch bezaubernde kunstlose Einfachheit, Sallustius durch körnige
Gedankenschwere, Liv ius [1 n. CH.] durch patriotische Begeisterung und
rhetorische Lebendigkeit, Vellejus Paterculus [15] durch Gedrängt¬
heit und treffende Menschenschilderung, der romanhafte Curtius [69?]
durch üppige Sättigung der Einbildungkraft, und vor allen anderen Ta-
citus [100] durch Großherzigkeit und Tiefblick, sind selbst Muster für
die Nachwelt geworden; Suetonius[l2l] ist reich an schätzbaren
Nachrichten und eigenthümlichen Ansichten. — Im Mittelalter erlag
historische Kunst unter dem Mangel eines Publicums und der freyen An¬
regung des politischen Selbstgefühls durch Vestigkeit, Ruhm und Streben
des Staatvereins; die Byzantiner berücksichtigen nur Hof und Kirche;
die abendländischen Chronisten, als cngbegränzte Urzeugen meist von un¬
bescholtener Wahrhaftigkeit, waren Geistliche mit dürftiger Vorbildung
und sehr beschränktem Gesichtskreis, der sich bey Teutschen und Jtaliä-
nern etwas erweiterte; die Araber sind entweder trockene Annalisten oder
poetisch-hyperbolische Rhetoren. Die allgemeinere Umstaltung der euro¬
päischen Denkart seit den Kreuzzügen offenbarte sich auch in langsamer
Annäherung.zur Ahnung des historischen Kunststyls und sichtbarer wurde
dieser [1300] in Italien, als Frucht des von lombardischen Städten be¬
standenen Freyheitkampfes, besonders in Florenz. Bey erwachtem Stu¬
dium der altclassischen Litteratur versuchten sich Jtaliäner in Nachahmun¬
gen der bewunderten römischen Meisterwerke, und unter ihnen traten
Männer von hoher Geistesbildung als Lehrer und Muster der neueren
Geschichtschreibekunft hervor: Niccolo Macchiavelli [geb. 1469; st.