Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

Die Israeliten. 
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zu sein. Hierzu mußten sie aus Nomaden zu einem gesitteten Volke 
umgebildet werden, was durch Versetzung in ein Land geregelter Staats¬ 
verhältnisse möglich wurde. Dieser Uebergang wurde vorbereitet durch 
den jüngsten der elf dem Jakob noch im Euphratlande geborenen Söhne, 
der am wenigsten kriegerisch, aber, wie durch Sittenreinheit hervor¬ 
ragend, für übernatürliche Eingebungen empfänglich war. Wenn da¬ 
mals, wie wahrscheinlich ist, die Hyksos in Aegypten herrschten, so er¬ 
klärt sich dadurch nicht allein die Leichtigkeit, mit welcher Joseph im 
Lande zu Ansehn und Macht gelangte und die ganze Familie Aufnahme im 
Lande fand, sondern es erweist sich als ein der Erziehung des Volkes förder¬ 
licher Umstand, daß der Pharao, der bei ihrer Aufnahme auch auf die 
Eigenthümlichkeit der wirklichen Aegyptier Rücksicht nimmt, den Fremd¬ 
lingen ihre Beschränkung auf das der syrischen und arabischen Grenze 
benachbarte Land Gosen zur Bedingung des verheißenen Schutzes macht. 
So wurden sie im Genuß der Vortheile, welche die Berührung mit der 
ägyptischen Cultur bot, zugleich bewahrt vor der Gefahr der Zerstreu¬ 
ung, in welcher sich ihr eigenthümliches Gepräge verwischt und somit 
auch die Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Bestimmung verloren haben 
würde. In Aegypten schließt sich die Familiengeschichte mit dem Tode 
Jakobs. Er überträgt den Vorzug des Erbrechtes auf den einen von 
Josephs Söhnen, Ephraim, das priesterliche Recht auf Levi und die 
Herrschergewalt auf Juda. Der prophetische Blick, mit welchem er in 
die Zukunft seines Volkes schaut, zeigt ihm in der Zeit, wo Juda's Herr¬ 
schergewalt erlöschen werde, die Ankunft des göttlichen Friedenbringers, 
der nicht bloß die Stämme Israels, sondern die Völker der Erde um 
sich schaaren wird. Dieses Schauen weckt in seiner Seele den Geist 
des Friedens, der jenes künftige Reich erfüllen soll, und feierlich sagt 
er sich los von dem Geiste der Rache, welche zwei seiner Söhne, Levi 
und Simeon, in Kanaan an dein heidnischen Verführer ihrer Schwester 
Dina geübt haben. Dem besseren Geiste reift indeß das Volk langsam 
entgegen; manche That, die jener That der Rache gleicht, wird noch 
ausgeführt und weit entfernt ist die Zeit, da die Wahrheit ohne einen 
durch augenfällige Wunder geleisteten Schutz ihren Zug durch die Welt 
beginnen kann. 
5. Rasch geht die Erzählung der heiligen Schrift über die vier¬ 
hundert Jahre des Aufenthalts in Aegypten hin und verweilt nur bei 
dem Könige, der von Joseph nichts wußte und die Israeliten drückte. 
Die Dynastie, unter welcher diese bis dahin in Aegypten gelebt, unter¬ 
lag der Erhebung einer einheimischen Dynastie und die Israeliten 
mußten von den Wirkungen des Hasses, der auf die gestürzten fremden 
Beherrscher gerichtet war, mit betroffen werden. Die Hyksos hatten 
Vieles an Bauwerken zerstört und als die nachfolgende Dynastie deren 
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