Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

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Die Perser. 
ausscheiden. Unter ihnen haben verschiedene zu verschiedenen Zeiten im 
Besitze höherer Bildung die übrigen beherrscht und dieselben durch ihre 
Herrschaft an ihrer eigenen Bildung Theil nehmen lassen, soweit nicht 
ungünstigere Naturbedingungen ein Beharren in dem nomadischen Zu¬ 
stande mit sich führten. Im Besitze solchen Vorranges sind der Reihe 
nach die Baktrier, die Meder und die Perser gewesen. 
2. Die Gründer des baktrischen Staates sind die Arier, die näch¬ 
sten Verwandten der Inder, welche nach der Sprache, in der ihr zum 
Theil noch erhaltenes Religionsbuch, Zendavesta oder das göttliche Wort, 
abgefaßt worden, auch das Zendvolk genannt werden. Ihre festen 
Wohnsitze haben sie in den Gegenden des oberen Orus gehabt, wo eine 
in die Geschichte des westlichen Asiens durch die Sage von Ninus Er¬ 
oberungen hineinreichende Kunde sie voraussetzt. Sie selbst bewahrten 
die Ueberlieferung von der Wanderung, durch welche sie diese Gegenden 
in Besitz genommen. Diese Wanderung muß ihren Ausgangspunkt 
nordöstlich von ihren späteren Sitzen an dem kalten Westabhange des 
Belurtag und Mustag gehabt haben. Ihr Führer auf derselben ist 
König Dschemschid, der mit einem von dem Gotte Ormuzd erhaltenen 
goldenen Dolche die Erde spaltet und dem in Besitz genommenen Lande 
den Ackerbau und in ihm die Grundlage der Civilisation verleiht. Wie 
bei den iranischen Völkern überhaupt die Sorge für den möglichsten 
Anban des Landes von religiösen Vorschriften getragen wird und einen 
wesentlichen Bestandtheil ihrer staatlichen Ordnung bildet, zeigt sich das 
baktrische Reich in seinen Ueberlieferungen als Feind der nordwärts in 
den Tiefebenen von Turan wohnenden Nomaden. Dieser Gegensatz 
wird als die Folge einer Trennung dargestellt, welche zu Ende der von 
Dschemschid hergeleiteten Dynastie der Pischdadier unter den Söhnen 
Feriduns entstand und nach welcher unter den von den Turaniern ge¬ 
trennten Jraniern die Dynastie der Keanier sich erhob. Die Zeit dieser 
Dynastieen ist unbestimmbar und die Ueberlieferungen enden mit dem 
unter dem Keanier Gustasp lebenden Zarathustro oder Zoroaster, dem 
die Ausbildung und Feststellung der religiösen Lehren zugeschrieben wird. 
Seiner Verfassung nach gehörte der Staat den Kastenstaaten an. Prie¬ 
ster, Krieger, Ackerbauer und Handwerker bestanden strenge gesondert 
nebeneinander und aus der Priesterkaste waren die Könige. 
3. Die Religion Zarathuftro's hat, wie sich aus der dem Ackerbau 
beigelegten Bedeutung erklärt, eine astronomische und astrologische Grund¬ 
lage. Die beweglichen himmlischen Lichter, Sonne, Mond und fünf 
andere, worunter eines den Namen Mithras führt, sind Gegenstände 
der Verehrung. Aber die Religion nimmt im Vergleich zu anderen 
Religionen des ältesten Asiens eine höhere Stufe dadurch ein, daß die 
Verehrung sich dem Lichte, als etwas Einheitlichem und nicht Stoffarti¬
	        
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