Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

Die Perser. 
113 
gem zuwendet. Das Licht, in seiner Einheit und als Person gefaßt, ist 
der Gott Ormuzd. Er ist aber nicht in freiem Schaffen thätig, sondern 
als letzter Grund der Dinge gilt die unerschaffene und unbegrenzte Zeit, 
Zeruane Akerene. Wie dein Lichte in der Welt die Finsterniß entgegen 
steht, so wirkt dem Ormuzd gegenüber eine ihm feindliche Kraft, der 
Ahriman, als Verderber und Zerstörer, wie als Urheber aller schädlichen 
Wesen. Diese Lehre hat sich ausgebildet unter dem Einflüsse der Wahr¬ 
nehmungen von einem in Natur und Menschenleben unaufhörlich thätigen 
Kampfe zwischen heilsamen und schädlichen Kräften. Auch der Gegen¬ 
satz des auf Ackerbau beruhenden geordneten Lebens zu dem unsteten, der 
Entwicklung der Sitte hinderlichen Nomadenleben hat in die religiösen 
Vorstellungen hineingespielt und so dem Gegensätze der Lebensweise durch 
die Beziehung auf den ebenfalls durch Licht und Finsierniß verfinnbil- 
deten Gegensatz des Guten und Bösen eine höhere Bedeutung gegeben. 
Der Dualismus der Götter hat sich weiter ausgebildet in der Annahme 
der zu dem Reiche eines jeden gehörenden guten und bösen Geister, 
der Amschaspänds und der Devs, welche für alle Zeiten einander be¬ 
kämpfen, bis am Ende der Tage Ahriman dem Ormuzd unterliegt. Jeder 
der beiden Götter hat deren sechs als die obersten in seiner nächsten Um¬ 
gebung. Den Menschen schützen im Kampfe mit den finsteren Gewalten 
die Ferver, deren jedes lebende Wesen einen als geistiges Urbild und 
Vorbild hat. Ein Abbild des Lichtgottes auf der Erde ist der König 
und nur Ormuzd kann ihn strafen, wenn er durch Mißbrauch seiner Ge¬ 
walt ein Diener Ahrimans wird. Die Verehrung des Gottes geschieht 
in einer Weise, welche eng damit zusammenhängt, daß das Reinste und 
Geistigste im Gebiete des Erschaffenen als der Träger der göttlichen 
Macht gedacht wird. Keine Tempel werden ihm erbaut, das Feuer ist 
sein irdisches Sinnbild, seine Opfer Blumen und Wohlgerüche. Vor 
anderen heidnischen Religionen zeichnet sich diese auch durch die aufge¬ 
stellten sittlichen Forderungen aus. Das Bewußtsein von einer ur¬ 
sprünglich vorhandenen, aber durch Ahrimans Einfluß verlorenen Rein¬ 
heit ist deutlich ausgesprochen und eine Menge von Vorschriften weisen 
den Menschen an, sich nicht zu verunreinigen und durch körperliche Rein¬ 
heit die geistige zu wahren. Dem entsprechend sind die Tugenden der 
Wahrheit, Treue, Gerechtigkeit und Mäßigkeit als die Grundbedingungen 
des staatlichen Lebens ausgestellt. 
4. Das medische Reich, das durch seine Losreißung von dem assy¬ 
rischen Reiche Einfluß auf das westliche Asien gewinnt, erscheint als der 
Erbe baktrischer Religion und Cultur. Die reiche natürliche Ausstattung 
des in den nordwestlichsten Gegenden des iranischen Hochlandes, im 
Süden des kaspischen Meeres und des Arares gelegenen Mediens war 
der Bewahrung dieser Erbschaft günstig. Mittelst welcher Ereignisse 
Kiesel, Weltgeschichte.!. 8
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.