Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

Die Griechen vor dem Kampfe mit den Persern. 163 
12. Zu den Nachrichten über die älteste Bevölkerung des Pelopon¬ 
nes gesellen sich auch Sagen von zwei Einwanderungen aus Aegypten 
und Kleinasien. Aus Aegypten soll Danauö in die spätere Landschaft 
Argos gekommen sein. Die Sache unterliegt aber ähnlichen Bedenken 
wie sie bei Cekrops obwalten. So bestimmt auch die Stadt Chemmis 
als Ort seiner Herkunft angegeben wird, enthält doch die Geschichte des 
angeblichen Ansiedlers so deutliche Spuren einer Entstehung in Griechen¬ 
land, daß man in der Angabe von seiner Einwanderung die Umbildung 
eines örtlichen Mythus vermuthet. Dazu kommt, daß ein Theil der 
peloponnesischen Bevölkerung den Namen Danaer führt, der in der 
Dichtung sogar als Bezeichnung der Griechen überhaupt gebraucht 
worden ist. Dieses würde unerklärlich sein, wenn man sich den Ansied¬ 
ler nicht von einer die Verhältnisse der Landschaft umgestaltenden Schaar 
begleitet dächte und wollte man das annehmen, so würde die Frage 
nicht beantwortet werden können, warum sich in der fraglichen Land¬ 
schaft keine Spur eines so mächtigen ungriechischeu Einflusses finde. 
13. Minder unwahrscheinlich ist die Nachricht von einer Einwande¬ 
rung des Pelops aus Phrygien, nach welchem die ganze Halbinsel 
ihren Namen hat. Unter Phrygien ist hier eine Gegend in Kleinasien 
zu verstehen, die in späteren Zeiten von Phrygiern besetzt war. Denn 
so weit die Begebenheiten der Sage nach der Zeit zu ordnen sind, wird 
diese Ansiedlung in eine Zeit gesetzt, in welcher das den Thraciern ver¬ 
wandte Volk der Phryger noch nicht seine Sitze in dem nach ihm ge¬ 
nannten Lande hatte. Es läßt sich also diese Einwanderung als eine grie¬ 
chische, aber nicht hellenische, also pelasgische denken, deren Ausgangspunkt 
mit dem Namen der später dort eingewanderten Bevölkerung bezeichnet 
wurde. Pelops beherrscht die Gegend von Argos und seine Nachfolger 
reichen als achäische Könige bis in die Zeit, wo die Dorer die alten 
Verhältnisse stören. Seine Familie ist durch Greuel des Mordes, die 
sich in langer Kette durch sie hinziehen, ein Gegenstück zu der kadmeischen 
des Oedipus. Sie ist aber in der Dichtung nicht bloß wegen der 
Schicksals von denen sie heimgesucht worden, bedeutend, sondern noch 
viel mehr wegen ihrer Verflechtung in die Geschichte des trojanischen 
Krieges, die durch den Dichter, den sie gefunden, mehr als ein anderes 
Ereigniß aus der mythischen Zeit Griechenlands zu einem Bilde des 
heroischen Zeitalters geworden ist und eine Menge von mythischen Per¬ 
sonen aus verschiedenen Gegenden Griechenlands in ihren Kreis ge¬ 
zogen hat. Die an diesen Krieg sich knüpfenden Sagen feiern gleich¬ 
sam den Untergang der Troer und Achäer, wie die Sagen von den 
Argonauten und der Familie des Oedipus den der Miuyer und Kad- 
meer. Der llntergang von Troja fällt 80 Jahre früher als der Ein¬ 
fall der Dorer in den Peloponnes. 
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