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Urgeschichte.
der letztere, ohne daß dieses jedoch als ein entscheidender Grund anzu¬
sehen wäre, jetzt den Namen Dschihon führt, während seinem Zwillings¬
strome Iarartes der biblische Name Gihon gehört. Daß zwei andere
der Namen, indem sie auf Euphrat und Tigris, die Ströme des arme¬
nischen Hochlandes, passen, in eine westlichere Gegend Asiens zu weisen
scheinen, braucht nicht als Zurückweisung jener Annahme zu gelten, da
nichts leichter als Namen von Flüssen mit dem wandernden Menschen
in neue Gegenden zieht. Auch läßt sich annehmen, daß die Gegend,
welche wie ein breiter Isthmus die vorder- und hinterasiatischen Hoch¬
länder verbindet und die nord- und südasiatischen Tiefländer trennt, bei
der im Kampfe der Elemente fortschreitenden Gestaltung der Erdober¬
fläche durch früh erlangte Festigkeit und bei dem Wechsel ihrer Gebirgs¬
rücken und wasserreichen Thäler durch früh entwickelten Naturreichthum
zum Wohnplatze des Menschen bereitet gewesen seien. Doch bietet die
an und für sich unerklärliche und auf keine bestimmte Oertlichkeit zu be¬
ziehende Ableitung von vier Strömen aus einer Quelle eine unauflös¬
liche Schwierigkeit, da sich nicht wird entscheiden lassen, ob durch eine
spätere, etwa mit der Sündflut eingetretene Umwälzung ein ursprüng¬
licher Zusammenhang zerrissen worden sei- oder ein durch späteren geo¬
graphischen Standpunkt hervorgerufener Versuch vier bekannten Strömen
einen gemeinsamen Ursprung zu geben, sich mit der Darstellung der
durch die Offenbarung gegebenen ursprünglichen Einheit ihrer Anwohner
verbunden habe.
4. Im Garten von Eden lebte der Mensch mit seinem Schöpfer¬
in unmittelbarem Verkehr, indem dieser die Grundlage seines Lebens
feststellte und zur Erhaltung der wechselseitigen Verbindung ihm die
Schranken für den Gebrauch seiner Freiheit zog. So knüpfte sich an
die Erschaffung des Menschen die Stiftung der Religion und diese Ver¬
anstaltung Gottes prägte so tief ihre Spuren in das Wesen des ganzen
von Adam abstammenden Geschlechtes, daß selbst die im Lause der Zei¬
ten am weitesten von der ursprünglichen Ordnung abgewichenen Glie¬
der der Menschheit in tiefem und mächtigem Sehnen die Wiederher¬
stellung des verlorenen Zusammenhanges suchen und die Erinnerung an
denselben in schwachen und dumpfen Anklängen an die dem Stammvater
gewordene Belehrung aussprechen. Der ursprüngliche Zustand des
Menschen war in sittlicher Hinsicht ein vollkoinmener, von der heiligen
Schrift als ein Zustand der Gerechtigkeit bezeichnet, und die Verwilde¬
rung, in welcher in alter und neuer Zeit Völker gefunden worden sind,
bezeichnet nicht einen Anfang menschlicher Entwicklung über welchen
diese Völker nicht hinausgekommen, sondern die Stufe, zu der dieselben
herabgesunken sind und von welcher sie durch geistige Wiedergeburt sich
wieder zu erheben berufen sind. Den Anfang zur Verzerrung der Gott-