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Schon zu groß für Europa's Ruhe war die Macht dieses
Despoten; aber sein unbegrenzter Ehrgeiz fand daran keine Genüge.
Er wollte die Niederlande ihrer gesetzlichen Freiheiten berauben,
England erobern, Frankreich sich unterwerfen und alle sogenannten
Sectirer zwingen, das Joch der alten Religion wieder aufzuneh¬
men. Zur Erreichung dieser Absichten verwendete er, seinem eigenen
Geständnisse zufolge, fünfhundertundvierundsechzig Millionen Duca-
ten, und funfzigtausend Protestanten bluteten durch ihn. — Die
Staaten jedoch, welche er zu zertrümmern trachtete, schwangen
sich weit über die Seinigcn empor; die Niederländer schüttelten,
wie wir sehen werden, das spanische Joch ab und erhoben sich
zu einem Freistaate, und der traurige Zustand, in welchem Spa¬
nien noch jetzt schmachtet, ist vornehmlich den verkehrten, despo¬
tischen Maßregeln dieses Philipps zuzuschrciben. Von allen sei¬
nen auswärtigen Unternehmungen gelang ihm auch nicht eine,
ausgenommen die Eroberung von Portugal, wenn man anders
die Besitznehmung eines Landes fast ohne Schwcrtschlag eine
Eroberung nennen kann»
S p a n i s eh e Etikette.
In der von Philipp II. cingeführtcn Hofetikctte kommen,
in Beziehung auf die Lcbensordnung der Könige und der Köni¬
ginnen, unter andern folgende Vorschriften vor:
Es ist den Königinnen von Spanien unerläßlich vorgcschrie-
bcn, sich Winters Schlag neun, Sommers Schlag zehn Uhr zu
Bette zu verfügen.
Wenn der König des Abends aus seinem Gemache in das
der Königin sich verfügt, muß er haben: seine Schuhe niedergc-
treten, seinen schwarzen Mantel auf seinen Schultern, eine Flasche
von aufgctriebener Thierhaut am linken Arme, statt eines Nacht¬
geschirrs, eine Blendlaterne in demselben Arme, seinen Degen
aber in der rechten Hand»