Full text: Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes

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X. Die makedonischen Reiche. 
Klein-Asien und Griechenland. Die Verhältnisse machten Kassander und 
Ptolemäus zu Antigonus' Feinden und untereinander zu Verbündeten. 
Da Antigonus seinen Bestrebungen, wie einst Perdikkas, den Schein 
eines Kampfes für die königliche Familie und die Einheit des Reiches 
zu leihen suchte, ließ er von seinem Heere den Kassander, als den Mör¬ 
der der Königin Olympias, zum Feinde der Maccdonier erklären. Um 
in Griechenland Kassander's Macht zu brechen, unterstützte er den Po- 
lysperchon und dessen Sohn Alexander mit Geld, daß sie durch Ver¬ 
kündigung der Freiheit die Anhänger der Demokratie gegen Kassander 
bewaffneten. Ein Krieg, der sich in eine unendliche Menge kleiner Un¬ 
ternehmungen anslös'te und an vielen Stellen zugleich geführt ward, zer¬ 
riß Griechenland und vernichtete die Neste seines Wohlstandes. Im 
Allgemeinen hatte die Sache des Antigonus keinen entschiedenen Fort¬ 
gang. Glücklicher war er in Klein-Asien und Syrien. Antigonus 
selbst kämpfte in Syrien, das er dem Lagiden Ptolemäus zu entreißen 
suchte und, als er nach der durch lange Belagerung bewirkten Erobe¬ 
rung von Tyrus dieses Land sein nennen konnte, ließ er hier, um selbst 
nach Klein-Asien zu eilen, seinen achtzehnjährigen Sohn Demetrius 
zurück, den Rührigkeit, Schlauheit, Ausdauer, Leidenschaftlichkeit, Ge- 
waltthätigkeit und Sittenlosigkeit zu einem zweiten Alcibiades machten *). 
Uebereilt lieferte dieser dem aus Aegypten anrückenden Ptolemäus bei 
Gaza im Jahre 312 eine Schlacht, die er verlor. Dadurch kam nicht 
bloß der größte Theil Syriens wieder an Ptolemäus, sondern es wurde 
nun auch für Seleucus der Weg nach dem Euphrat frei, so daß dieser, 
von Ptolemäus mit wenigen Truppen versehen, nach Babylon eilen und 
dort, wo man ihm mehr als dem Antigonus gewogen war, seine Herr¬ 
schaft Herstellen konnte. Von diesem entscheidenden Ereigniß an zählten 
die Nachkommen des Seleucus später die Jahre der Dauer des durch 
ihn gestifteten Reiches. Im Jahre 311 kam, wie cs scheint, in Folge 
allgemeiner Ermüdung, ein Friede zu Stande. Dieser erkannte für die 
Zeit der Unmündigkeit des jungen Königs Alexander den Kassander als 
Feldherrn in Europa an, gewährte dem Antigonus die Herrschaft über 
ganz Asien, sprach den griechischen Staaten die Selbständigkeit zu und 
ließ dem Lysimachns und dem Ptolemäus das, was sie besaßen. 
Im Jahre 307 brach der Krieg wieder aus, indem Antigonus die 
Freiheit der griechischen Staaten herzustellen unternahm, was natürlich 
nichts als ein Versuch war, die Festsetzung Anderer in Griechenland zu 
verhindern. Demetrius eröffnete die ihm von seinem Vater aufgetra¬ 
gene Unternehmung mit der Einnahme von Athen. Unter Kundgebung 
von Verehrung für Athens Größe und Ruhm versetzte er die Bevölke¬ 
rung in den Rausch der Begeisterung für die Herstellung der Demo¬ 
kratie. Demetrius Phalereus, bisher von den Athenern hoch geehrt, 
entging dem Tod» nur durch den Schutz, den der Sieger ihm gewährte. 
Den neuen Herrn aber ehrte Athen in der ausschweifendsten und nie- 
*) Vergl. Nr. 109.
	        
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