Full text: Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit

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halten möchten und kam dabei auf diejenigen Einrichtungen, 
in denen auch der moderne Staat das Allerwesentlichste der Ein¬ 
heit sieht: Einheit im Kriegswesen, im Recht, in den Finanzen 
und im Verkehrswesen. Auch sollte das Volk in irgend einer 
Art an der Regierung beteiligt werden. Dazu verständigte man 
sich 1495 in Worms. 
Zunächst bestimmte man, daß zur Sicherung von Ordnung 
und Verkehr ein ewiger Landfriede walten solle. Ferner 
solle eine oberste Rechtsinstanz eingesetzt werden. Für die 
Unkosten wollte man Matrikularbeiträge erheben. Für die 
Besoldung der Reichsrichter sollten „die Kammerzieler“ dienen, 
eine Bezeichnung, die aus den Fälligkeitsterminen für die Kosten 
des Kammergerichts stammt. Für das Reichsheer aber waren 
die Römermonate bestimmt, die mit ihrem Namen an die alten 
Romlahrten erinnerten, zu denen ja die Vasallen verpflichtet 
waren. Zur Sicherung der Ausführung sollte das Reich in zehn 
Kreise geteilt werden, in denen der Kreisoberste mit den Ständen 
die nötigen Beschlüsse faßte. 
Das waren gutgemeinte Beschlüsse. Da es aber an jeder 
Macht der Durchsetzung fehlte, wirkten sie vielfach mehr 
hemmend als wie verbindend. Die Aussichten auf Steuern und 
'\ eipflichtungen hatten schon damals nichts Verlockendes, und 
manche, wie die Schweizer, lösten darum noch mehr die Be¬ 
ziehungen zum Reiche. 
Und zu all den trennenden Umständen kam nun noch 
das Schlimmste, die konfessionelle Spaltung. Mögen die 
Freunde der Reformation ihren Segen auch noch so hoch ein¬ 
schätzen und mögen auch ihre Gegner ihre guten Anregungen 
jetzt allgemeiner zugeben, so war ihre Wirkung für das Einigungs- 
bestieben im \olke doch so nachteilig wie möglich. Das 
deutsche \ olk hätte auch politisch von dieser gewaltigen Be¬ 
wegung den größten "\ orteil gehabt, wenn sie allgemein durch¬ 
gedrungen und das ganze Volk erfaßt hätte. Jetzt aber, da 
die einen übertraten, die ändern nicht, brachte sie die furcht¬ 
barste Spaltung, und mehr noch, sie weckte die heftigsten Leiden¬ 
schaften und erzeugte die entsetzlichsten Kämpfe. 
Ihre letzte Folge war der 80 jährige Krieg, der mit seinen 
umfassenden Verheerungen zu der Entfremdung die Erschöpfung 
brachte. Das entscheidende Wort beim Friedensschluß in Münster
	        
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