Full text: Grundriß der allgemeinen Geschichte für gelehrte Schulen

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Erste Periode 
nach Italien flohen, literarische Schätze mitbrachten, dieselben ver¬ 
breiteten und ernste Beschäftigung mit den Alten, besonders mit 
platonischer Philosophie, in den Gang brachten. 
Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst schritten die 
Wissenschaften über die Schwellen der engen Klosterzelle; die Werke 
der classischen Literatur wurden durch sie ein Gemeingut der Mensch¬ 
heit; allen Nationen standen nun die Schätze der gesammelten Er¬ 
fahrungen aller Jahrhunderte offen; in ihr lagen die Mittel, durch 
welche am kräftigsten auf die Entwickelung des menschlichen Gei¬ 
stes gewirkt werden konnte. 
Die Entdeckung von Amerika (1492) und des Seeweges 
nach Ostindien (1498) vermehrte nicht nur die Kenntnisse der 
Europäer in der Erd- und Völkerkunde, sondern auch die Reich- 
thümer. Der Ueberfluß jener Länder an herrlichen Pro¬ 
dukten, besonders an edlen Metallen, reizte die Habsucht, da¬ 
selbst Eroberungen zu machen. Doch erst durch die Grün¬ 
dung von Eolonieen in andern Erdtheilen erhielt die euro¬ 
päische Schifffahrt vorzügliche Wichtigkeit. Seitdem» umfaßte der 
europäische Handel alle Länder der Erde, veranlaßte neue Ent¬ 
deckungen in bisher unbekannten Meeren und Reisen um die Welt. 
Die großen Dorrheile der Venetianer, Genueser und der deutschen 
Hansa mußten nun an die Spanier und Portugiesen, die ersten 
Gründer überseeischer Eolonieen, übergehen. Bald nahmen auch 
die Holländer, Franzosen und Engländer immer lebhaftern Antheil 
an dem Eolonialspsteme und verbesserten die Einrichtung desselben. 
Seitdem vermehrte sich der Absatz von Colonialwaaren so, daß 
sie, die sie früherhin nur Lurusgegenstand und selten Genuß der 
Reichen waren, jetzt zum Theit Bedürfniß auch des Aermsten in 
Europa geworden sind. 
Die italienischen und Türkenkriege des 16. Jahrhunderts ver- 
anlaßten die Gründung eines europäischen S t a a t e n sy st e ms, dessen 
Zweck die Aufrechthaltung des politischen Gleichgewichtes zur Siche¬ 
rung der Freiheit aller Staaten war. Man ließ nämlich nicht zu, 
daß irgendein Staat seine Macht unverhältnismäßig vergrößerte, und 
suchte das Nebeneinanderseyn mehrerer Staaten vom ersten, zwei¬ 
ten und dritten Range zu erhalten,'wodurch die einzelnen Staa¬ 
tes Europa'ö daö Ansehen Eines großen Staates bekamen, dessen
	        
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