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VI. Aus der Erd- und Völkerkunde. 
ein paar Strohschuhe herbei. „Nur gleich das nasse Leder aus und 
die Schliefschuhe anstecken; nur fein gleich, fein gleich, ein nasser Schuh 
auf dem Fuß läuft zum Vader!" Nicht lange, so saß ich trocken 
und bequem an dem großen Tische unter dem Hausaltar und unter 
Wandleisten, auf denen der Reihe hin buntbemaltes Ton- und Porzellan¬ 
geschirr lehnte. Auf dem Gläsergestelle war eine Unzahl von Kelch¬ 
fläschchen umgestülpt, und der Wirt fragte nlich gleich, ob ich Brannt¬ 
wein begehre. Ich verlangte Wein. 
„Ist wohl kein Tröpfel im Keller gewesen, solang das Haus 
steht," versetzte der Wirt, „aber Holzapfelmost hätt' ich einen recht¬ 
schaffen guten." 
Das war mir schon recht. 
Die Wirtsfrau ging in den Keller, das Getränk zu holen, und 
nachdenl der Wirt mich eine Weile angesehen hatte, fragte er endlich: 
„Der Herr ist zuletzt gar unser neuer Schulmeister? — Nicht? So, 
auf den grauen Zahn hinauf geht die Wunder? Wird morgen wohl 
nicht gehen. Ist auch diesen Sommer noch kein Mensch hinaufgestiegen. 
Das muß einer im Frühherbst tun; zur andern Zeit ist kein Verlaß 
auf das Wetter. — Nu, wie man halt schon so nachgrübelt; ich hab' 
gemeint, der Herr dürft' der neue Schulmeister sein. Es versteigt sich 
ganz wunderselten einer da herein, der nicht herein gehört. Auf den 
neuen Schulmeister warten wir schon alle Tag. Der alte ist uns 
durchgegangen; hat der Herr nichts gehört?" 
„So, Lazarus, tu schön sein plaudern mit dem Herrn," sagte 
die Wirtin im zärtlichen Tone zu ihrem Manne, als sie mir den Most 
und zugleich auch die Abendsuppe vorsetzte. 
Das Weib war nicht niehr zu jung, aber es war das, was die 
Wäldler „kugelrund" nennen. Sie hatte ein zweifaches Kinn und 
unter ihm, um den vollen Hals, eine Silberkette. Ihre Äuglein 
guckten klug und mild hervor, wenn sie sprach, und wenn sie, mit 
jedem Winkel und Nagel des ganzen Hauses bekannt und verwachsen, 
lustig in allen Ecken und Enden herumregierte. Wie im Scherze 
regelte sie alles und schäkerte mit dem Gast und lachte mit dem Ge¬ 
sinde in der Küche und im Vorhause. Daß jetzt der Schauer wieder 
alles zerschlagen, sei freilich nicht gar lustig, meinte sie, aber besser 
sei es allerwege, das Eis falle vom Himmel auf die Erde, als wenn 
es von der Erde auf den Himmel fiele und da oben auch noch alles 
in Scherben schlüge. Da hätt' eins schon gar nichts mehr zu hoffen. 
Und wie sie so die Sache auslegte, sprudelte die Fröhlichkeit ordentlich 
aus ihr hervor, und der ganze Kreis um sie war heiter; und jedes 
schien sich so gehen zu lassen in dem, was es tat, empfand und sagte; 
aber es ging doch alles nach der Schnur.
	        
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