Full text: Vorschule der Geschichte Europas

186 
Zweiter Abschnitt. 
Die Entstehung großer Verhältnisse im Abendlande und 
die Richtung derselben in die Ferne. 
Vom Tode Karls des Großen bis auf den Tod Lud¬ 
wigs des Heiligen in Frankreich oder das Ende 
der Kreuzzüge. 
Ludwig der Fromme. Der Bruderkrieg seiner Söhne. Die Theitung 
des karolingischen Frankenreichs im Vertrag von Verdun. 
§ 1. Nach dem Lode des großen Mannes, an des¬ 
sen Kraft und Geist das Schicksal so vieler Völker ge¬ 
knüpft war, kam es wohl gar sehr darauf an, nickt 
nur für Frankreich und Deutschland, sondern auch für 
das ganze europäische Abendland, wie es nun mit seinem 
gewaltigen Reich werden und ob dasselbe fortbestehen 
würde. Bald aber sah man, daß sein Sohn und Nach¬ 
folger, Ludwig der Fromme, ihm gar unähnlich war, 
und an Größe und Kraft weit hinter ihm zurückstand. 
Weil er bisher nur König von Aquitanien gewesen war, 
wo ihn die Räthe und Feldherren seines Vaters in der 
Herrschaft unterstützt harten, so hatte er dadurch seinen 
Sinn gleichsam verwöhnt, daß er sich von der selbsttha- 
tigen Ausübung der Herrschaft zurückzog; dagegen hatte 
er dort im stillen Umgänge mit den Geistlichen die Be¬ 
schäftigung mit gelehrten, vorzüglich mit kirchlichen An¬ 
gelegenheiten, lieb gewonnen. Als er nun auf den Thron 
seines Vaters kam, und das gewaltige Reich vor sich 
sah, welches er nun beherrschen sollte, so fühlte er, weil 
ihm die Kraft und die Einsicht dazu mangelte, gar bald 
eine Abneigung gegen die Herrscherthätigkeit, die er nun 
kräftig ausüben sollte, und er sehnte sich vielmehr nach 
seinen stilleren Beschäftigungen mit geistlichen Dingen 
zurück. Daher kam er auch, nachdem er nur erst we¬ 
nige Jahre geherrscht hatte, auf den Gedanken, sich die 
Ausübung seiner Herrschaft dadurch zu erleichtern, daß 
er, wie einst sein Vater, die einzelnen Theile seines Reichs 
als besondere Königreiche an seine Söhne gab; er ver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.