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bitte ich dich denn, Majestät deS Allmächtigen, daß du mich nie 
so tief mögest sinken lassen, ein Heer derer zu scyn, die dich von 
sich stoßen." Als ihm Egmont erzählte, daß die öffentlichen 
Hinrichtungen, statt daS Volk zu schrecken, es in der Anhäng¬ 
lichkeit an die neue Lehre noch bestärkten, so befahl er, daß sie 
künftig heimlich vorgenommcn würden. Er entließ den Grafen 
mit der Versicherung, daß er seine Niederländer zärtlich liebe, 
und dieser reiste fröhlich zurück. Aber bald wurden die Nieder¬ 
länder überzeugt, daß der König den Grafen durch glatte Worte 
nur habe täuschen wollen. Die Gesetze gegen die Ketzer wurden 
geschärft, und Philipp erklärte, sein Entschluß in Betreff der Un- 
terdrückung der Glaubensfreiheit sey fest und unwandelbar. Die 
Inquisition solle, ohne Rücksicht auf etwas Menschliches, fest, 
furchtlos, ihren Weg wandeln. Er genehmige Alles, sie möge 
so weit gehen als sie wolle. Er sey bereit, dem Unwillen des 
Volks offene Stirn zu bieten. — Margarethe berief den Staats¬ 
rath, um zu berathschlagen, ob man diese Befehle des Königs 
bekannt zu machen wagen dürfe. Die Stimmen waren gctheilt. 
Endlich entschied sie gegen den Rath Oraniens, und übergab sie 
der Bekanntmachung. „Man wird uns bald ein großes Trauer¬ 
spiel geben!" sprach Oranicn, als er den Saal verließ. Mit 
diesem Tage begannen die Stürme, welche so viele Jahre hin¬ 
durch die Niederlande beunruhigt haben. Dies geschah 1565. 
Die Unzufriedenheit des Volks und des Adels erreichte nun ihren 
höchsten Grad. In Gedanken hörte man schon neue Gefängniß- 
mauern aufführen, Ketten und Halseisen schmieden, und Schei¬ 
terhaufen errichten. Fast alle Obrigkeiten weigerten sich, den 
Befehlen Folge zu leisten; sie erklärten: Die Gerechtigkeit entsetze 
sich vor der Ungeheuern Menge der Opfer, die sich täglich unter 
ihren Händen häuften; 50 —60,000 Menschen aus ihren Di- 
stricten in den Flammen umkommen zu sehen, sey kein Auftrag 
für sie. Das ganze Land rüstete sich zum Ausstande. „So 
blödsinnig sind die Niederländer nicht," hörte man Viele und 
nicht heimlich sagen, „daß sie nicht recht gut wissen sollten, was 
der Herr und Unterthan einander schuldig sind; es gicbt noch 
Mittel, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben." Einige mißver¬ 
gnügte Edelleute, unter denen Graf Ludwig von Nassau,
	        
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