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denen er Allen die Augen öffnete, was es für ein Bewandtniß
mit dem Ablaß habe. Nach dem Befehl des Papstes sollte er
nach Rom reisen, um sich über dies Verfahren zu rechtfertigen.
Sein Landesherr, der Kurfürst Friedrich der Weise von
Sachsen, wußte aber auszuwirken, daß er zu Augsburg von
dem Cardinal Cajetan verhört wurde. Er weigerte sich, seine
95 Sätze zu widerrufen. Gegen einen zweiten päpstlichen Ge¬
sandten, welcher sich freundlicher mit ihm besprach, war er nach-
gebender. Indessen reiste ein persönlicher Feind von Luther,
welcher ihm in einer öffentlichen, gelehrten Unterredung seine
Gründe nicht zu widerlegen vermocht hatte, nach Rom, und
bewirkte, daß der Papst denselben in den Bann that, 1520.
Jetzt trat der kühne Wittenberger Mönch kräftig auf, verbrannte
öffentlich vor dem Volke die Bannbulle, und sagte sich und
Alle, welche seinen Lehren anhingen, vom Papste durch diesen
Schritt los. Ulrich von Hutten. Melanchthon.
§. 67.
Die Kirchentrennung.
Karl V. Luther.
Maximilian I. und Maria v. Burgund. Ferdinand und Jsabella.
Philipp. Johanna.
Karl V.
1520 — 1556.
Dieser ausgezeichnete Regent, welcher schon in seinem sieb¬
zehnten Jahre König von Spanien war, wurde von den deut¬
schen Fürsten nach Marimilian's I. Tod zum Reichsoberhaupte
gewählt und 1520 zu Aachen mit erstaunlicher Pracht zum
König gekrönt. Schon im folgenden Jahre hielt er zu Worms
einen großen Reichstag, wo auch Luther erscheinen und sich vor
einer glänzenden Versammlung von Fürsten, Herzogen, Bischöfen
und Rittern vertheidigen mußte. Worms am linken Rheinufer südlich
von Mainz. „Und wenn sie ein Feuer machten, das zwischen Wittenberg
und Worms bis an den Himmel reichte, so will ich doch, weil ich gefordert
bin, im Namen des Herrn erscheinen." — „Und wenn so viel Teufel in
Worms wären, als Ziegel auf den Dächern — doch wollte ich hinein." —
„Ich widerrufe nicht, weil es nicht gerathen ist, etwas wider das Gewissen
zu thun. Hier stehe ich; ich kann nicht anders; Gott helfe mir! Amen."
Luther widerrief nicht. Friedrich der Weise sagte, als die
Versammlung geendet war: „Wie schön hat Pater Martin ge¬
redet vor Kaiser und Reich! Er war muthig genug, vielleicht
zu muthig." Viele der Anwesenden hatte der unerschrockene