Ehrgefühl sich dieses (Eingriffs erwehren würde. Nachdem
später die Sache die Wendung genommen hatte, daß Frank¬
reich im Sinne seines (Eingriffs in die spanische Un¬
abhängigkeit uns mit Krieg bedrohte, habe ich einige Sage
lang erwartet, daß die spanische Kriegserklärung gegen
Frankreich der französischen gegen uns folgen werde. Ich
war nicht darauf gefaßt, daß eine selbstbewußte Nation
wie die spanische Gewehr bei Fuß hinter den Pyrenäen
ruhig zusehen werde, wie die Deutschen sich auf Tod und
Leben für Spaniens Unabhängigkeit und freie Königswahl
gegen Frankreich schlugen. . . wahrscheinlich sind die Sym¬
pathien und internationalen Verbindungen der republi¬
kanischen Parteien entscheidend gewesen.
Don feiten unseres auswärtigen Amtes waren die
ersten schon unberechtigten Anfragen Frankreichs
über die spanische Thronkandidatur am 4. 3uli der Wahr¬
heit entsprechend in der ausweichenden Art beantwortet
worden, daß das Ministerium nichts von der Sache
wisse. (Es traf das insofern zu, als die Frage der Annahme
der Wahl durch den Prinzen Leopold von Seiner Majestät
lediglich als Familiensache behandelt worden war, die weder
Preußen noch den Norddeutschen Bund etwas anging, bei
der es sich nur um die persönliche Beziehung des Kriegs¬
herrn zu einem deutschen (Offizier und des Hauptes nicht der
Königlich preußischen, sondern der hohenzollernschen Gesamt¬
familie zu den Trägern des Namens hohenzollern handelte.
In Frankreich aber suchte man nach einem Kriegsfälle
gegen Preußen, der möglichst frei von nationaldeutscher
Färbung wäre, und glaubte einen solchen auf dynastischem
Gebiete in dem Auftreten eines spanischen Thronpräten¬
denten des Namens hohenzollern gefunden zu haben.
Dabei war die Überschätzung der militärischen Überlegenheit
Frankreichs und die Unterschätzung des nationalen Sinnes
in Deutschland wohl die Hauptursache, daß man die Halt¬
barkeit dieses Krtegsooraandes nicht mit (Ehrlichkeit und
nicht mit Sachkunde geprüft hatte. Der deutsch-nationale
Aufschwung, welcher der französischen Kriegserklärung folgte,
vergleichbar einem Strome, der die Schleusen bricht, war
für die französischen Politiker eine Überraschung; sie lebten,
rechneten und handelten in Rheinbundserinnerungen, ge-
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