Georg Wilhelm.
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Der grausame Tilly hatte unterdeß nach der Verheerung Mag¬
deburg's -seine Augen aus das schöne Sachsenland geworfen und die
räuberischen Hände darnach ausgestreckt. Der Sachsenfürst, so sprach
er vorwendend, solle vom Leipziger Bunde lassen. Eine größere Noch
konnte dem sächsischen Churfürsten nicht überkommen. Er sandte eiligst
nach dem früher verschmähten Gustav Adolph und bat ihn flehentlich
um Hülfe gegen Tilly. Hatte der König jetzt den Chursürsten hülslos
gelassen, wer hatte es ihm verdenken wollen? aber so dachte sein Herz
nicht. Er schloß mit Sachsen einen Bund, vereinigte schnell die
Heere und suchte Tilly auf, um ihn für seine Unthaten zu strafen.
Dieser war bis Leipzig gekommen, und aus dem Breitenfelde trafen
die Heere zusammen — 30,000 Schweden und Sachsen und 35,000
Kaiserliche. Aber die Rachegeistec ereilten den Verwüster Magdeburg's
hier schon. Er wurde furchtbar geschlagen, er, der noch am Morgen
vor der Schlacht sich rühmte, nie besiegt worden zu sein. Von der '
Verheerung Magdeburg's ab war alles Glück von ihm gewichen, der
Segen des Himmels von ihm genommen. Am Lechflusse in Baiern
fand er bald nachher seinen Tod. Das ist die gerechte Vergeltung
der Vorsehung!
Gustav benutzte seinen Sieg, als ein weiser Held. Im Fluge
durchzog und eroberte er Franken, die Lander am Rheine und wendete
sich nach Baiern. Das ganze Land siel in seine Hände. Der Kai¬
ser sah sich trostlos nach Hülfe um und schien nirgends dieselbe zu
finden. Da gewahrte sie ihm ein einziger Mann; es war der uns
schon bekannte Wallenstein. Dieser sammelte ein großes Heer, und
nach manchen Hin- und Herzügen stellte er sich dem schwedischen Hel¬
den in der Ebene von Lützen entgegen. Die Schweden siegten, aber
dieser Sieg war theuer erkauft. Ihr großer König war unter
den Tobten. Ec hatte sich im Getümmel der Schlacht zu nahe
an den Feind gewagt. Ein kaiserlicher Unteroffizier bemerkt ihn, sieht,
daß beim Dahinsprengen Alles ihm ehrfurchtsvoll Platz macht und
ruft einem Soldaten zu: „Auf den dort schieße, das muß ein vor¬
nehmer Offizier sein!" Der Soldat drückt ab, und die Kugel zer¬
schmettert dem Könige den linken Arm. In dem Augenblicke sprengen
seine Reuter dicht hinter ihm her und sehen, daß ihr Feldherr blutet.
Es ertönt das Geschrei: „Der König blutet! der König ist erschossen!"
Gustav Adolph aber ruft: „Es ist nichts, Kinder, folgt mir!" —•
Die Verwundung ist jedoch sehr stark, kaum kann er seinen nächsten
Begleiter bitten, ihn aus dem Getümmel zu führen. Da fallt noch¬
mals dicht hinter ihm ein Schuß, eine Kugel fahrt ihm durch den
Rücken. Mit matter Stimme sagt er zum Herzoge von Lauenburg:
/,Jch^habe genug, Bruder, rette du nur dein Leben!" — Besinnungs¬
los stürzt er vom Pferde; über seine Leiche hin gehen Roß und Reuter.
Die Nachricht vom Tode des Königs verursachte in ganz Deutsch¬
land einen furchtbaren Schreck. Wer nun diesen schrecklichen Krieg
zu Ende führen? — Aber die Vorsehung weiß Wege, wo der Mensch