Full text: Geschichte des teutschen Volkes

Karl 5. 
290 
rechtlichen Beschluß ächten, erledigte Neichsgüter an Niemand 
verleihen, sondern als unmittelbar solche bestehen lassen; ferner 
solle er sobald möglich in Person nach Teutschland kommen 
und daselbst mchrentheils seine Hofhaltung nehmen, keine Vor¬ 
kehrungen treffen, um die kaiserliche Würde in seiner Familie 
erblich zu machen, sondern den Kurfürsten freie Wahl erhalten 
u. s. w. — Solches bestätigten und beschworen die Bevollmäch¬ 
tigten des Königs. Darauf wurde eine feierliche Gesandtschaft 
zur Anzeige der Wahl an Karl nach Barcelona geschickt. 
Unruhen in Spanien, welche zum Theile aus Mißvergnü¬ 
gen über diese Wahl bcrvorgingen und nachmals vollends zur 
Empörung führten, hielten Karl nicht ab, sich bald möglichst 
einzuschiffen. Im August des I. 1520 war er in den Nieder¬ 
landen, zwei Monate später zur feierlichen Krönung in Aachen. 
Er war der erste, welcher den Titel Majestät annahm und 
auf seine Nachfolger vererbte Noch zu Aachen erhielt er, wor¬ 
auf indeß Niemand'Gewicht mehr legte, die Bestätigung der 
Kaiserwahl vom Papste. Den ersten Reichstag hielt er nicht 
vorschriftsmäßig in Nürnberg, sondern wegen der dort herr¬ 
schenden Pest in Worms. 
Als Karl die Regierung antrat, war Teutschland keines- 
weges in dem erfreulichen Zustande, wie es von der thatkräf- 
tigen Verwaltung Maximilians und dessen Anordnungen wohl 
zu erwarten gewesen wäre. Ungarn, welches bisher die Tür¬ 
ken nothdürftig abgewehrt hatte, ließ jetzt durch die eigne Zer¬ 
rüttung und Ohnmacht größere Gefahren für Teutschland be¬ 
fürchten. Im Innern hatten, auf Luthers Veranlassung, Re- 
ligionsstreitigkeiten begonnen und bereits einen mißlichen Cha¬ 
rakter angenommen. Sodann hatten während des Zwischen- 
reichs zwei blutige Fehden die kaum gegründete Ordnung der 
Dinge wieder zu zerstören gedroht. Die eine veranlaßte der 
Herzog Ulrich von Wirtcmberg, die andere der Bischof von 
Hildesheim. Daß Ulrich sich geweigert, mit in den schwäbischen 
Bund zu treten, wurde ihm übel genommen, war aber eben 
kein Vergehen. Schwerer versündigte er sich an dem Herzoge 
Wilhelm von Baiern durch ärgerliche Mißhelligkeiten mit seiner 
Gemahlin Sabine, welche Wilhelms Schwester war. Noch 
größere Schuld ■ lud er auf sich durch Uebermuth, Verschwen¬ 
dung und Bedrückung seiner Unterthanen, wie durch Grausam¬ 
keit. Endlich gab die Ermordung Johanns von Hutten, eines 
Anverwandten jenes bekannten Ulrich von Hutten, den Fürsten 
Veranlassung zu offener Beschwerde vor dem Reiche. Noch 
unter Maximilian geschah Solches. Dieser ließ nach mehrfacher 
vergeblicher Vorladung die Acht über ihn aussprechen. Ulrichs 
Feinde wollten eben zur Vollstreckung derselben einschreiten, 
als er in einem Vertrage zu Blaubeuren, wonach unter Ande¬
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.