Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte

Culturzustânde. 
459 
griechischen Metropoliten, stand aber in desto größerer Abhängigkeit von 
dem Beherrscher des Staates. Iwan II. der Schreckliche (1533 
1584), als ein echter Sultan sich eine Prätorianer-Garde, die Strelizen, 
errichtend, welche später eine furchtbare Stellung einnahmen, war roh 
und unwissend, so dass er eine Schlaguhr, die ihm der König von 
Dänemark zugesendet, für ein böses Zauberwerk hielt und zurückschickte. 
Auf welcher Bildungsstufe mochte wohl das Volk stehen ! 
§. 3. Gewerbe und Handel. Wenn irgend Etwas, so ist 
es der Handel, der den Umschwung aus der mittleren zur neuen Zeit 
evident beweiset. Das Weltrad schlägt um, als Columbus zu der ei¬ 
nen bekannten die andere unbekannte Erdhälfte fügt und Vasco de 
Gama den direkten Seeweg nach Ostindien auffindet. Letzterer beladet 
seine Schiffe mit Schätzen des Orients, führt sie nach Lissabon, und 
aus dieser Basis macht sich Portugal zum Herrn des direkten Handels 
mit Indien. Die Welt staunt, aber Venedig erhielt den Todesstreich 
und empfing ihn voller Entsetzen. Einen Versuch zwar machte die stolze 
Meereskönigin, um wenigstens Etwas aus den Trümmern seines 
Glückes zu retten: — das Anerbieten an Portugal, alle orientalischen 
Meere zu einem bestimmten, den Portugiesen großen Gewinn lassenden 
Preise zu übernehmen, um sie dann der übrigen Welt ; u verkaufen, — 
er offenbarte die Schwäche der sonst so stolzen Republik, er wurde init 
Hohn zurückgewiesen. Mit Venedigs Bedeutung sanken auch die Ver¬ 
mittler seines Verkehres, die großen deutschen Binnenmärkte: Nürnberg, 
Augsburg, Regeitsburg, Ulm, Basel, Straßburg, Erfurt zu mer- 
kantilischerUnbedeutendheit herab. Während dessen schafft Portugal sich 
mit ungeheurer Anstrengung eine Flotte, setzt sich in den Besitz des 
oftindischen und afrikanischen Handels und fasst den Entschluss, alle 
Nationen vom indischen Handel auszuschließen, namentlich aber den 
Handelsweg über Persien abzusckneiden, indem es die Insel Ormus be¬ 
setzte. Hier ward eine Niederlassung gegründet, welche bald den Han¬ 
del von ganz Westasien umfasste. So ward Lissabon, was Venedig 
gewesen war. Aber nur kurz war seine Blüthe: die Vereinigung des 
Landes mit Spanien ward Ursache, dass die Niederländer den Handel 
nach Indien erst unsicher machten und endlich sich desselben fast ganz be¬ 
mächtigten. Die Gewerbe Portugals waren in der Blüthezeit des Han¬ 
dels vernachlässigt worden, weil Alles handelte, der Landbau desglei¬ 
chen , weil man von Afrika her viel und billiges Getreide einfuhr, und 
weil später drückende Auflagen denselben noch mehr verringerten. 
Ungleich betrüblicher ist der Anblick Spaniens in diesem Zeiträume. 
Besitze unermesslicher Länderstrecken in dem neuen Continente und 
unerschöpflicher Fundgruben edlen Metalles, verarmte das Land immer 
mehr, sanken Gewerbe und Ackerbau durch Unduldsamkeit seiner Könige 
in den kläglichsten Zustand und kam der Handel in die Hand einer an 
Ausdehnung kleinen, aber durch Rührigkeit und Aufklärung der Ein¬
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.