Das sächsische Vogtland. 7
Daher ist es immer in einer gewissen Absonderung geblieben, und wie es bis
zum Jahre 1835 einen besondern „Vogtländischen Kreis" ausmachte, so hat
sich auch unter den Vogtländern ein besonderer Bolkscharakter herausgebildet,
durch welchen sie sich auch von ihren östlichen Nachbarn, den Erzgebirgern. trotz
mancher Verwandtschaft deutlich abheben. Es erscheint als ein Hochland, das die
Verbindung des Fichtelgebirges mit dem Erzgebirge, des thüringischen Berglandes
mit dem sächsischen vermittelt. An seinem Südrande erhebt es sich am höchsten
und fällt hier, wie das Erzgebirge, in das es im Osten ganz unmerklich über-
geht, steil nach der Eger zu ab, wogegen es sich nach Norden zu beiden Seiten
der Weißen Elster zwischen der Saale einer- und der Zwickauer Mulde und
Pleiße anderseits allmählich verflacht und mit seinen Ausläufern die Südgrenze
der Bucht bilden hilft, mit welcher in der Gegend von Leipzig das norddeutsche
Tiefland weit in die Berg- und Hügelregion eindringt.
Westlich und östlich vom Vogtlande erhebt sich Deutschlands Boden zu
größerer Meereshöhe, als dieses selbst. Das Fichtelgebirge steigt bis über
1000 in empor, die höchsten Gipfel des Erzgebirges sind mehr als 1200 mhoch;
das eigentliche Vogtland aber erreicht nirgends 800 m Höhe; nur in der Nähe
des Erzgebirges, im Schneckenstein, geht es darüber hinaus. Es zeigt hier also
der Zug der deutschen Mittelgebirge eine bedeutende Einsenknng. und der Ver-
kehr hat daher schon in früher Zeit seine Straßen durch das Vogtland gelegt,
zumal es mitten in der Linie von Leipzig, dem alten mitteldeutschen Emporium,
nach Regensburg an der Donau liegt. Seitwärts davon eröffnet die Natur Ver-
bindungswege sowohl nach Böhmen als auch nach Franken, nach dem Gebiete
des Main und der Rednitz. Zwei Reichsstraßen führten durch das Vogtland nach
Hof, die eine über Plauen, die andre über Ölsnitz, und zwei andere Straßen
vermittelten über Asch und Eger den Verkehr nach Böhmen. Freilich ver-
dienten diese Handelsstraßen nach unfern heutigen Anschauungen kaum den Namen
Straßen; sie waren voller Löcher und Steine und zu manchen Jahreszeiten,
bei Schnee und lang anhaltendem Unwetter, oft kaum passierbar. Trotzdem
überwand der Verkehr alle diese Hindernisse, und vom ersten Jahrzehnt unsres
Jahrhunderts an wurde derselbe durch die Anlage von sogenannten Chausseen
wesentlich erleichtert. War die Linie für dieselben auch häufig verkehrt und
unpraktisch gewählt, indem sie oft über die bedeutendsten Höhen gelegt waren,
so erkannte man den Fehler doch bald, und überall wurde viel nachgeholfen und
verbessert. Große Freude herrschte, als im Jahre 1824 zum ersten Male die
Eilpost von Hof in Plauen ankam, und bald verschwand nun die alte Vogt-
ländische gelbe Postkutsche, welche nur bei besonders gutem Wetter in drei
Tagen den Weg von Plauen nach Leipzig zurückgelegt hatte.
Man ahnte damals noch nicht, wie bald auch die Eilpost ein überwundener
Standpunkt sein würde. Von der Mitte des Jahrhunderts an traten an die
Stelle der Chausseen die Eisenbahnen, und der Weg von Hof nach Leipzig wird
jetzt vom gewöhnlichen Zuge in sechs, vom Schnellzuge aber schon in vier Stunden
durcheilt. Verschiedene Systeme von Schienenwegen kreuzen sich infolge feiner
geographischen Lage im Vogtlande, und drei Linien stellen die Verbindung
zwischen ihnen her. Die sächsisch-bayrische Eisenbahn leitet den Verkehr nach
Hof, die Vogtländische Eisenbahn nach Eger und die sächsisch-thüringische Eisen-
bahn durch das Elsterthal nach Gera.