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Protestanten auf. Durch die Gefangenschaft seines Schwieger¬
vaters, des Landgrafen von Hessen, persönlich beleidigt, und
über das tyrannische Benehmen des Kaisers gegen die Stände
erbittert, verschaffte er sich unter dem Vorwände, das wider-
spänstige Magdeburg zum Gehorsam zu zwingen, ein Heer,
überfiel den Kaiser in Jnsbruck, so daß dieser eilig nach Ita¬
lien entfliehen mußte, und zwang ihn, die gefangenen Fürsten
frei zu lassen, und in Passau 1552 einen Vertrag einzugehen,
nach welchem die Evangelischen gleiche Rechte mit den Ka¬
tholischen haben sollten. Dieses wurde 1555 durch den Re-
ligionsfrieden zu Augsburg bestätigt.
Bald darauf übergab Kaiser Karl die Regierung von
Deutschland seinem Bruder Ferdinand, der schon früher
von den Deutschen als König anerkannt war, und die von
den Niederlanden und von Spanien seinem einzigen Sohne
Philipp II., zog sich in ein Kloster zurück und starb 1558
im 56. Lebensjahre.
Unter ihm wurde in Spanien der Orden der Jesuiten
von Ignaz von Loyola gestiftet.
§. 45. Die Schweizer Reformation.
Die Reformatoren der Schweiz und Stifter der refor-
mirten Kirche waren Ulrich Zwingli und Johann Calvin.
Der erstere, geboren 1484 in Wildhaus bei Toggenburg,
wurde 1518 als Prediger nach Zürich berufen, predigte gegen
den Unfug des Ablasses und veranlaßte 1520 einen Befehl des
Rathes an alle Prediger, das Wort Gottes rein und lauter
zu predigen. Der Bischof von Konstanz gab ihn beim Pabste
als einen Ketzer an; deßhalb wurde in Zürich ein Religions-
gespräch gehalten, aus welchem Zwingli siegreich hervorging.
Es wurden nun die Messe und die Bilderverehrung abgeschafft,
der deutsche Gottesdienst eingeführt, die Klöster aufgehoben
und den Geistlichen wurde zu heirathen erlaubt. Die refor-
mirte Lehre verbreitete sich schnell durch die Schweiz und es