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immer lauter, so daß Philipp ihn endlich nach einer sechsjährigen Statthalter¬
schaft zurückrief 1573. Während dieser sechs Jahre waren über 18,000
Niederländer aus dem Blutgerüste gestorben! Wie wollte er das verant¬
worten! —
Ihm folgte zunächst Don ZunigayReq uesens (1573—1576), der
durch seine Milde der Sache der Geusen mehr schadete, als Alba durch seine
Härte. Nach seinem Tode war Philipps Halbbruder, der talentvolle Don
Juan d'Austria, Statthalter (1576—1578). Fünf Jahre früher, 1571,
hatte er durch Zerstörung der türkischen Flotte in der Seeschlacht bei
Lepanto (am Eingänge des Meerbusens von Korinth) sich unsterblichen
Ruhm erworben, und den Halbmond zittern gemacht. Weniger vermochte
er gegen Oranien auszurichten, weil Philipp aus Eifersucht ihn nicht hin¬
länglich unterstützte. Dazu kam, daß die Niederländer fremde Hülfe erhielten.
Ein Theil derselben rief den obengenannten Herzog Franz von Alen^on
(Anjou) als Schutzherrn herbei, während Andere den Erzherzog Matthias
(den nachherigen Kaiser) zum Generalstatthalter, und den Prinzen von Ora¬
nien zu seinem Generallieutenant erwählten. Don Juan starb 1578, man
sagt an Gift, welches ihm sein königlicher Halbbruder reichen ließ. Sein
Nachfolger, der schlaue, kriegserfahrene und tapfre Alexander von Parma
(1578—1592), ein Sohn Margarethens, war für die nach Freiheit streben¬
den Niederländer der gefährlichste aller Statthalter. Es gelang ihm die
Unterwerfung der südlichen Provinzen, die überhaupt andere Interessen hatten,
als die evangelischen Einwohner der nördlichen Provinzen. Dagegen konnte
er nicht verhindern, daß sich fünf der nördlichen Provinzen 1579 durch die
Utrechter Union verbanden, sich einander mit Leib, Gut und Blut gegen
alle Gewalt beizustehen; zwei andere traten bald hinzu, und 1581 erklärten
diese 7 vereinigten Staaten den König von Spanien aller Herrschaft
über diese Lande verlustig. Dagegen erklärte Philipp den Prinzen von Ora¬
nien für vogelfrei, und setzte einen Preis von 25,000 Thlrn. auf seinen
Kopf. Wirklich fand sich auch 1584 ein nichtswürdiger Mensch, Baltha¬
sar Gerhard, aus der Franche Comts gebürtig, der diesen Preis ver¬
dienen wollte. Von Jesuiten dazu vermocht, schlich er sich in das Vertrauen
des Prinzen ein, kaufte sich von dem Gelde, welches ihm dieser geschenkt
hatte, ein Paar Pistolen, und schoß ihn in Delft mitten durch die Brust.
Oranien stürzte mit den Worten: „Mein Gott! mein Gott! erbarme dich
meiner und deines armen Volks!" entseelt zu Boden. Der Mörder wurde
nach der Sitte jener Zeit grausam hingerichtet.
Wilhelm hinterließ einen Sohn, Moritz von Oranien, (1587 —1625),
zwar erst 17 Jahre alt, aber von so reifem Verstände, daß er sich gleich in
die verwickeltsten Staatsgeschäste zu finden wußte. Holland, Seeland und
Utrecht wählten ihn, wie seinen Vater, zum Statthalter, und der weise
Olden-Barneveld, Großpensionair von Holland, stand ihm als Rath¬
geber zur Seite. Aus dessen Rath wurde die höchste Gewalt einer Ver¬
sammlung von Abgeordneten der sieben vereinigten Staaten, der man den
Namen der Generalstaaten gab, übergeben. Den Krieg setzten die Nie¬
derländer mit abwechselndem Glücke fort, und mehr als einmal schien es,
als wenn sie unterliegen müßten, besonders da es fast immer an dem nöthigen