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77. Fortsetzung. — Das Interim. — Moritz von Sachsen.
(Fortdauer des Tridentinischen Concils. Augsburgisches Interim 1548. Leipziger In¬
terim. Bestrafung Magdeburgs. Moritz's Abfall vom Kaiser 1547. Flucht Karls V.
von Innsbruck nach Villach. Passauer Vertrag 1552. Krieg Karls mit Heinrich II. von
Frankreich 1552—1556. Franz von Guise in Metz. Waffenstillstand von Vaneelles 1556.
Augsburger Religionsfrieden 1555. Moritz's Tod in der Schlacht bei Sievershausen
1553. Karl V. entsagt der Regierung 1555 und 1556, und stirbt 1558. Stiftung der
Jesuiten 1540.)
Kaiser Karl stand jetzt, nach Beendigung des schmalkaldischen Krieges,
aus dem höchsten Gipfel der Macht. Die Evangelischen waren ihm unter¬
worfen, und nichts hielt ihn ab, die neue Lehre zu unterdrücken. Daß er es
nicht that, zeigt, wie er eine Einwirkung der evangelischen Lehre auf das
Papstthum für nothwendig und eine Vereinigung beider Kirchen noch für
möglich hielt. Daß diese Einigung durch das seit 1545 eröffnete Concilium
in Trient (1545—1563) nicht geschehen würde, sah er nun wohl ein; denn
die dort gefaßten ersten Beschlüsse machten eine Uebereinkunft mit den Pro¬
testanten unmöglich. Der Kaiser verlangte darum Geheimhaltung dieser Be¬
schlüsse. Da fürchtete der Papst, daß der Kaiser wegen der Einigung mit
den Protestanten auf Reformen in der römischen Kirche dringen würde, und
um.dies zu hindern, veröffentlichte er jene Beschlüsse, verlegte auch das Con¬
cilium scheinbar einer Pest wegen nach Bologna. Doch blieb ein Theil der
Mitglieder in Trient, weil es der Kaiser wollte. Nun hatte dieser nach sei¬
nem Siege auch die evangelischen Fürsten bewogen, das Concil zu beschicken,
wenn dasselbe zurück verlegt und jene Beschlüsse noch einmal berathen würden.
Der Papst weigerte sich. Daher versuchte Karl ein anderes Mittel der Aus¬
söhnung. Er hielt einen Reichstag in Augsburg (1547), und schlug
den Fürsten vor, daß beide Parteien einige gelehrte und rechtschaffene Männer
unter sich aussuchten, welche über eine Religionsausgleichung berathschlagten,
die so lange gelten sollte, bis das Concilium einen entscheidenden Entschluß
fassen würde. Umsichtige Männer zweifelten zwar gleich, daß eine solche
Vereinigung zweier so ganz verschieden denkender Parteien möglich sei; indessen
man wollte des Kaisers redlichen Bemühungen nicht gern entgegen sein,
willigte ein, und überließ dem Kaiser die Wahl. Er bestimmte von katho¬
lischer Seite den Bischof von Naumburg Julius Pflug und den Weih¬
bischof von Mainz Michael Helding, von Seiten der Evangelischen aber
den Hofprediger des Kurfürsten von Brandenburg Johann Agricola.
Diese drei entwarfen 1548 einen Aufsatz, den man das Augsburgische
Interim nannte. Er enthielt die Hauptpunkte der Glaubenslehre und des
Gottesdienstes, welche beide Theile bis zum Ende des Concils annehmen
sollten, damit der Friede erhalten werden könnte. Die Absicht des Kaisers
war recht gut, und da der Aufsatz vorgelesen wurde, wandte Keiner etwas
dagegen ein. Karl reifete also recht vergnügt von Augsburg weg. Aber nun
erhob sich bei der Einführung des Interims viel Widerstand dagegen. Weder
Katholiken noch Protestanten waren damit zufrieden. Von den letztern nahmen
es einige an, andere erklärten sich entschieden dagegen; selbst Moritz war
unter den letztern. Da aber der Kaiser ihm dringend anlag, es in Sachsen