Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

116 
Entschuldigungen vorbringen. Als dieser aber mit den kecksten 
und beleidigendsten Worten gegen den Papst auftrat, fuhr die 
ganze Versammlung entrüstet von ihren Sitzen auf. Und viel¬ 
leicht wäre es jetzt, in der ersten leidenschaftlichen Aufregung 
gegen das unwürdige Benehmen des kaiserlichen Gesandten, zu 
den ärgerlichsten Auftritten gekommen, wäre nicht Gregor selbst 
in's Mittel getreten. Er allein verlor die Fassung nicht. Er 
stellte vor, daß hier geistliche Waffen genügten. Dann las er 
selbst den empfangenen Brief des Königes mit lauter Stimme 
der Versammlung vor. Dieser Brief war voll heftiger Schmä¬ 
hungen und begann mit den Worten: „Heinrich, nicht durch 
Anmaßung, sondern nach Gottes frommer Anordnung König, 
an Hildebrand, nicht den Papst, sondern den falschen Mönch." — 
Gleich am folgenden Tage hielt Gregor eine neue Versammlung, 
sprach nun den Bann der Kirche über ihn aus und entband die 
Christen von allen Eiden, die sie ihm geleistet hatten. Kein 
Unterthan und Diener sollte ihm gehorchen, kein Priester ihm 
die h. Sakramente reichen, Jeder ihn als einen Verpesteten 
ftiehen. Mit dem Könige wurden auch die Bischöfe, welche zu 
Worms die Absetzung des Papstes ausgesprochen hatten, in 
den Bann gethan. 
Hierüber entstand eine unselige Spaltung in Deutschland, 
Italien und den meisten übrigen Staaten. Es bildeten sich zwei 
große Parteien, von denen die eine für den Papst, die andere 
für den König war. Ueberall waren die Gemüther furchtbar 
erschüttert; eine schreckliche Gährung ging durch das ganze deut¬ 
sche Reich. Die Sachsen jubelten, weil nunmehr ihre Sache 
auch eine Augelegenheit der Kirche geworden war. Sie traten 
schnell wieder zusammen und rüsteten sich. Zugleich ergriffen 
alle übrigen Mißvergnügten die günstige Gelegenheit, sich gegen 
Heinrich zu empören. Heinrich rief seine Freunde auf, sich um 
ihn zu vereinigen. Keiner erschien! Er bat, er ftehete, er drohete. 
Vergebens! Sein Ansehen im Reiche war dahin. Sofort versam- 
melten sich die deutschen Fürsten zu Tribur, den König förmlich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.