Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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einte. So strömten lernbegierige Jünglinge und Männer ans 
allen Ländern nach Paris, um an der dortigen Hochschule sich 
in der Theologie auszubilden, und nach Bologna im Kir¬ 
chenstaate, um sich eine gründliche Rechtskunde anzueignen. 
Hier waren mehr als zwölftauscnd Studirende. Die Gesammt¬ 
heit (Universitas) dieser Studircnden aus ganz Europa bekam 
große Borrcchte und bildete gleichsam einen Freistaat der Wissen¬ 
schaft. Sie wählte sich ihr eigenes Oberhaupt (Ueetor), gab 
sich ihre eigenen Gesetze (Ltatuta) und innere Verfassung, und 
hatte ihre eigene Gerichtsbarkeit. Bald erweiterten sich unter 
besonderer Fürsorge der Päpste die beiden ältesten Hochschulen 
für Theologie und Rechtswissenschaft in Paris und Bologna in 
hohe Schulen für alle Hauptzweige deS menschlichen Wissens, 
und das Wort Universität oder Gesammtheit bezeichnete seitdem 
die Gesammtheit der wissenschaftlichen Fächer, die hier gelehrt 
wurden. Im Verlaufe der Heit wurden von Städten, Fürsten 
und Bischöfen aus ihren Mitteln neue Universitäten gegründet. 
So entstanden noch im dreizehnten Jahrhundert die berühmten 
Universitäten zu Oxford und Padua, im vierzehnten zu Rom, 
Prag, Wien, Pavia, Cambridge, Heidelberg; im fünfzehnten zu 
Krakau, Leipzig, Löwen, Freiburg, Ingolstadt, Tübingen, Upsala, 
Kopenhagen und viele andere. Die eigentliche Ausbreitung und 
Verallgemeinerung der Bildung aber wurde erst durch die Er¬ 
findung der Buchdruckerkunst herbeigeführt, wovon wir später 
sprechen werden. 
62. Das Gerichtswesen. 
DaS Gerichtswesen bei den germanischen Völkern war an¬ 
fänglich, wie früher bemerkt wurde, höchst einfach, wie ihr Leben 
selbst. Ihre ganze Gesetzgebung beschränkte sich fast einzig auf 
Strafgesetze; für jedes Vergehen war die Strafe genau bestimmt. 
Allein bei der allmälig voranschrcitendcn Ausbildung der bürger¬ 
lichen Gesellschaft traten auch neue Verhältnisse ein, die immer 
verwickelter und schwieriger wurden. Denn Nahrungszweige und
	        
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