Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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Bald hierauf wurde Huß aus seinem Gewahrsam vor die 
Versammlung geführt. Die Väter erklärten seine Lehre für 
ketzerisch und forderten ihn wiederholt zum Widerrufe auf; allein 
Huß weigerte sich standhaft. Da wurde er seiner Priestcrwürde 
entsetzt und nun der weltlichen Obrigkeit überantwortet. Ketzerei 
galt damals, bei dem engen Zusammenhange des Staates mit 
der Kirche, auch für ein Staatsverbrechen, weil Alles, was die 
Ruhe und den Frieden der Kirche störe, auch den Bestand der 
bürgerlichen Ordnung, ja des Staates selbst, bedrohe. Die 
Staatsgesetze jener Zeit verhängten aber die Strafe des Feuer¬ 
todes gegen unverbesserliche Jrrlehrer, und diese ward nun von 
der Staatsgewalt an Huß vollzogen. Es wurde vor dem Thore 
ein Scheiterhaufen errichtet, und der Verurtheilte gefesselt dahin 
geführt. Ruhig und standhaft, unter einem gewaltigen Zulaufe 
der Volksmenge, näherte er sich betend dem Richtplatze. Schon 
hatte er den Holzstoß bestiegen, schon war er an den Pfahl 
gebunden und mit Stroh umlegt; da bot ihm der Pfalzgras 
noch einmal Rettung an, wenn er widerrufen wolle. Allein 
auch inmitten der Schrecknisse des nahen Todes blieb er hart¬ 
näckig bei seiner Weigerung. Da endlich wurde der Holzstoß 
angezündet, und Huß lebendig verbrannt. Seine Asche wurde 
gesammelt und in den Rhein geworfen. Der Tag seiner Hin¬ 
richtung war der sechste Juli des Jahres 1415. Ein gleich 
schreckliches Urtheil wurde im folgenden Jahre in derselben 
Stadt an Hieronymus von Prag, Hussens Freund und 
Anhänger, vollzogen. Auch er bestieg festen Muthes den Holz¬ 
stoß und wurde zu Asche verbrannt. 
Die Nachricht von dem schrecklichen Untergange dieser beiden 
Männer erregte bei den Böhmen erst Bestürzung und Trauer, 
dann furchtbaren Aufruhr. Jetzt hielten sie um so fester an 
Hussens Lehre und erweiterten sie noch. Jakob von Mieß, 
ein eifriger Prediger, lehrte, daß auch den Nichtgeistlichen der 
Kelch bei dem h. Abendmahle gereicht werden müsse. Diese 
Lehre fand bei den Huf fiten — so nannte man Hussens
	        
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