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Anhänger — allgemeinen Beifall. Zu Tausenden versammelten
sie sich auf einem Berge, welcher nachher der Berg Tabor ge¬
nannt wurde, und von welchem sie selbst den Namen Tabo-
riten*) annahmen. Bald hielten sie auch in Prag selbst
feierliche Umzüge, bei welchen der Kelch wie eine Fahne ihren
Scharen vorangetragen wurde. Johann Ziska, ein junger
kühner Mensch, war ihr Anführer.
Es geschah eines Tages, als der Zug der Hussiten vor dem
Prager Nathhanse vorbeizog, daß einer ihrer Priester von einem
Steine getroffen wurde, der aus dem Fenster des Rathhanses
herabgeworfen ward. Und alsbald stürmten sie das Gebäude
und stürzten dreizehn von den Rathsherren zum Fenster hinaus
in die emporgehaltenen Spieße der Untenstehenden. Das war
das blutige Zeichen des Aufruhres. In wilder Wuth fielen
sie unter Ziska's Anführung über die Katholiken her, plünderten
und verbrannten Kirchen und Klöster und verübten die empö¬
rendsten Grausamkeiten, besonders an den Mönchen, die am
meisten gegen Huß geeifert hatten. Während dieser Gräuel¬
auftritte verließ der König Wenzel Prag rind starb bald darauf
vor Gram. Nun hätte Sigismund auch König von Böhmen
werden sollen, allein er ward von den Hussiten als ein Wort¬
brüchiger verabscheuet. Wiederholt zog der Kaiser mit einem
Reichsheere gegen sie aus, um sie durch Gewalt zur Ruhe zu
bringen; allein die von Wuth entflammten Hussiten schlugen
jeden Angriff siegreich zurück und vermehrten noch ihre Gräuel-
thaten. Von den Grenzen des gelobten Landes, — so
nannten sie ihr Böhmen — fielen sie in die Länder der Phili-
stäer, Edomiter und Moabiter; so nannten sie die Bewohner
der benachbarten katholischen Länder. Den Mordstahl und die
Brandfackel hatten sie immer in den Händen, die Worte der
*) Sie wurden auch Utraquisten genannt, weil sie den Kelch im
Abcndmahle für wesentlich hielten, und dieses unter beiden Gestalten
(sub uträque) zu genießen wünschten. Von dem Kelche (Calix) führten
sie auch noch den Namen Kalixtiner oder Kelchner.
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