Full text: Sächsischer Zeitspiegel

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Auch das Karten-*) und Würfelspiel wurde schon stark 
betrieben. Mitten in den Kriegsunruhen des Jahres 1639 
mußte auf einem Dorfe der Lommatzscher Pflege ein unter 
dem Namen Spielmichel bekanntes Subject 6 Thaler 18 
Groschen Kirchenstrase erlegen, weil er am zweiten Weihnachts- 
seiertage um Reich st Haler gespielt hatte. 
Biel Aberglaube herrschte noch im Volke und es 
nahm derselbe während des 30jährigen Kriegs, in welchem 
das Kirchen- und Schulwesen in tiesen Verfall gerieth, eher 
zu, als ab. 1630 glaubte man am Himmel feurige Wa¬ 
gen und streitende Heere mit Schwertern und Spießen zu 
erblicken, was jedenfalls ein Nordlicht gewesen. Die an 
der Pest Verstorbenen glaubte man in ihren Gräbern 
kauen und mit den Zähnen knirschen zu hören, was 
man als neue Unglücksprophezeihung ansah, weshalb man 
denselben mittelst eines Grabscheits die Köpfe abstieß. Ueber- 
all glaubte man Teufels spuk wahrzunehmen. Die Zahl 
der Hexenprozesse wuchs, und Hunderte von Frauen 
und Jungfrauen mußten diese Ausgeburt einer unsinnigen 
und barbarischen Strafrechtspflege mit dem Todte bezahlen. 
Wirkliche Verbrechen waren aber auch nichts Seltenes. 
In der Stadt Leipzig verloren in dem Zeiträume von 
1563 — 1611 (also binnen 48 Jahren) 115 Personen ihr 
Leben auf gewaltsame Weise. Es entleibten sich 13. Mord- 
thaten, deren Vollbringer nicht entdeckt wurden, geschahen 
31. Unter den entdeckten Mördern befanden sich: ein 
Knabe von 13 Jahren, ein Vatermörder, ein Geistlicher, der 
einen Kutscher erschlug. Hinrichtungen durch das Schwert, 
das Rad, den Strang, durch Zerreißen mit glühenden Zan¬ 
gen, durch Verbrennen, durch Säcken und Ersäufen erfolg¬ 
ten 71, nämlich wegen Raub und Dieberei, mit und ohne 
begangenen Mord: 28; wegen vorsätzlichen Todtschlags, ohne 
angegebene Ursache: 7; wegen Kinoesmords: 5: wegen Kna¬ 
benraubs und Erpressung: 4; wegen Ehebruchs und Blut¬ 
schande: 9; wegen Zauberei: 5; wegen Todtschlags bei Spiel, 
Trunk, oder überhaupt in der Hitze der Leidenschaft: 8. 
Bemerkenswerth ist, wie gerade zur Pestzeit, die man 
doch als eine Strafe des Himmels zu betrachten pflegte, die 
Rohheit und Bosheit an vielen Orten zu Tage trat. So 
') Freiberg hatte 1587 bereit- eine Kartensabrik. 
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