Full text: Erzählungen aus der griechischen Geschichte (Theil 1)

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VIII. 
Aristodemos, oder der erste Mefsenische Krieg. 
(743—723 v. Chr.) 
Westlich von Lakonien lag die fruchtbare Landschaft Messe¬ 
nien, nach deren Besitz die Spartaner um so mehr strebten, da 
ihr eigenes Land jener gesegneten Gegend an Fruchtbarkeit weit 
nachstand. Unter solchen Umständen konnte es an Feindselig¬ 
keiten zwischen beiden Nachbarvölkern nicht fehlen, bis endlich 
nach zwei blutigen Kriegen Messenien den Lacedämoniern unter¬ 
worfen ward. Die Veranlassung zum Ausbruch des Krieges 
wird folgendermaßen erzählt: 
Polychares, ein vornehmer Messenier, besaß viele Rinder, 
aber nicht so viel eigenes Land, daß sein Vieh hinlängliche 
Weide gehabt hätte. Er übergab es daher einem Spartaner, 
Namens Euäphnos, unter der Bedingung, daß er es ans seinen 
Grundstücken weiden und dafür einen Theil der Nutzung von 
dem Vieh haben sollte. Dieser Euäphnos war ein Mensch, der 
ungerechten Gewinn höher achtete, als Treue und Ehrlichkeit 
und dabei durch seine Worte sich einzuschmeicheln wußte. So 
hatte er auch jetzt die Rinder des Polychares an Kaufleute, die 
in Lakonien gelandet waren, verkauft und ging nun selbst als 
Bote zn Polychares. Diesem sagte er, Seeräuber wären ans 
Land gestiegen, hätten Gewalt gegen ihn gebraucht, und als 
Beute Rinder und Hirten mit fort genommen. Allein wäh¬ 
rend Euäphnos den Polychares zu täuschen suchte, entlief den 
Kausleuten einer von diesen Hirten, kehrte zu seinem Herrn zurück 
und traf hier den Euäphnos, den er in Gegenwart des Poly¬ 
chares Lügen strafte. Uebcrführt und nicht im Stande, es ab- 
zuläugnen, bat er inständig den Polychares und dessen Sohn 
um Verzeihung. Dann gab er an, wie viel er für die Rinder 
bekommen hätte, und bat den Sohn des Polychares, ihm zu 
folgen und den Preis in Empfang zu nehmen. Aus dem Wege 
aber erschlug Euäphnos den Sohn des Polychares. Als dieser 
die Thal erfuhr, ging er häufig nach Sparra zu den Königen 
und Obrigkeiten, um Genugthuung zu erhalten, und als er sie 
nicht erhielt, gerieth er außer sich, und hingerissen vom Zorne, 
ermordete er, weil er sein eigenes Leben nicht achtete, jeden Lace- 
dämonier, der ihm in die Hände fiel. Die Lacedämonier ver-
	        
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