Full text: [Geschichte des Mittelalters] (Theil 2)

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Im Jahre 1502 unternahm Vasco de Gama eine zweite Fahrt 
nach Ostindien, schloß mit den dortigen Königen Handelsverträge und 
kehrte reich beladen mit indischen Maaren und Schätzen nach Lissabon 
zurück. Auf einer dieser Reisen befand sich auch der portugiesische Dichter 
Camoens, welcher in seinem großen Heldengedichte: Lusiadi (die 
Lusitanier) den Ruhm der kühnen Seefahrer verherrlichte. 
Die Fortschritte der Portugiesen weckten den Neid der Königin Jsa- 
bella. Columbus erhielt Erlaubniß, abermals vier Schiffe zu einer Fahrt 
nach dem neuen Welttheile auszurüsten. Es war seine letzte Reise. Durch 
Stürme und die Feindseligkeiten der meuterischen Rotte aus Hispaniola 
in seinen Plänen gestört, rettete er sich mit Mühe auf die Insel Jamaika, 
wo er so lange verweilte, bis er aus Hayti ein Schiff erhielt, welches 
ihn nach Europa zurückführte. Seine Beschützerin, die Königin Jsabella, 
war indeß gestorben; Ferdinand behandelte ihn mit kalter Höflichkeit, 
ohne daran zu denken, das Verdienst des großen Mannes zu belohnen. 
Schmerzlich ergriffen von den erlittenen Kränkungen und der Undankbarkeit 
seines Hofes starb Columbus im Jahre 1506, erst 57 Jahre alt. Wie 
einst Moses, der die Kinder Israel nach dem gelobten Lande führte, das 
er nicht betreten durfte, so hat Columbus die Thore der neuen Welt kür 
die Nachkommen geöffnet, und sein Leben auf der Schwelle zum Opfer 
gebracht. 
Anstatt den westlichen Weg nach Ostindien zu finden, hatte er einen 
ganz neuen, bisher unbekannten Welttheil entdeckt, völlig verschieden an 
Natur und Erzeugnissen von allem bisher Gekannten. Die unerme߬ 
lichen Folgen dieser Entdeckung haben sich erst im sechzehnten Jahr¬ 
hundert in ihrer ganzen Größe entwickelt. Sie haben Leben, Sitten, Handel, 
Gewerbe, Staatsverhältnisse, ja die ganze Denk- und Gesinnungsweise 
der europäischen Menschheit umgestaltet. 
Nach dem Tode des Columbus wurden die Entdeckungen mit allem 
Eifer fortgesetzt. Der unternehmende, schlichte Balboa überschritt mit 
einer kleinen Schaar im Jahre 1514 die Landenge von Panama und 
entdeckte den stillen Ocean. Der Neid seines Nachfolgers gab ihm zum 
Lohne dafür den Tod durch das Henkerbeil. Einige Jahre später gelang 
es dem in spanische Dienste getretenen Portugiesen Magelhaens, durch 
die nach ihm benannte Straße in das stille Weltmeer zu gelangen, nach 
furchtbaren Kämpfen mit Gefahren aller Art die ostindischen Inseln zu 
erreichen und somit die erste Reise um die Welt möglich zu machen. 
Magelhaens, wie sein Vorgänger Diaz de Solis, starben eines gewalt¬ 
samen Todes durch die wilden Einwohner der neuentdeckten Länder. Es 
war dies ein freiwilliges Martyrium des Jahrhunderts zur Förderung der 
Wissenschaft und zur Wohlfahrt des menschlichen Geschlechtes. 
Im zweiten Jahrzehend des ereignißvollen sechzehnten Jahrhunderts 
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