Full text: Allgemeine Weltgeschichte für die Jugend

226 Zweiter Zeitraum. 
wer den Befehlen des Pabsies und der Priester nicht 
blindlings gehorchte, war ein Ketzer; ja, wer nur einen 
vermeinten Irrthum in Glaubeusfachen laut werden 
ließ, war ein Ketzer; er wurde angeklagt und ohne 
Gnade verbrannt. (In Spanien wurden innerhalb Zg 
Jahren im rAten Jahrhundert, mehr denn hunderttau¬ 
send Menschen wegen Ketzerei hingerichtet). Zur Ehre 
unserer Landsleute hat dieser grausame Unsinn in 
Deutschland niemals Eingang gefunden. 
Scholastiker und Mystiker. 
Im Vorbeigehen mache ich Euch noch aufmerksam 
darauf, daß in dieser Zeit, trotz aller Hindernisse, 
Manche auf den Gedanken kamen, dem Wesen des 
christlichen. Glaubens eine andere Richtung zu geben; 
ihre Meinung war wol gut, aber sie fielen dabei auf 
abenteuerliche Ideen. Eine Partei wollte die Welt¬ 
weisheit mit den Glaubensbegriffen verbinden, gerieth 
aber darüber oft in unfruchtbare Grübeleien und über¬ 
flüssige Spitzfindigkeiten; der andere Theil, welcher auf 
dem entgegengesetzten Endpunkte die Würde der Reli¬ 
gion durch feierliche Gebrauche und festen stillen Glau¬ 
ben an das scheinbar Unmögliche noch vermehrt wissen 
wollte, gab der Einbildungskraft zu großen Spielraum, 
und ließ dem Aberglauben und der blinden Frömmelei 
ein freies Feld. Die erste Klasse nannte man Scho¬ 
lastiker (Schulmäßige), die zweite Mystiker (Ge- 
heimgläubige). Von beiden haben die ersten (Scholasti¬ 
ker) das meiste Gute bewirkt, denn die Menschen übten 
ihren Scharfsinn; und wenn man anfangs nur darüber 
grübelte: wie Christus Gatt und Mensch zugleich habe 
seyn können? so kam man zuletzt auch auf den Gedan- 
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