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eine „Modellkammer von Erdgebilden". Dieser fast pädagogische 
Wert des Erdteils wird bedingt durch ein interessantes Durcheinander 
geographischer Typen, und wir wollen im folgenden versuchen, Gegen¬ 
überstellungen dieser einzelnen Besonderheiten zu geben. 
Europa zerfallt zunächst in zwei grundverschiedene geologische 
Regionen. Die südeuropäische Faltenzone liegt südlich von Pyrenäen, 
Alpen, Karpathen mit ihren alpinen Hochgebirgen und den ein¬ 
geschlossenen Senkungsfeldern, wie Po-Niederung, ungarisches Becken 
und das ganz in die Tiefe versunkene Gebiet des tyrrhenischen Meeres. 
Im Norden und Westen von Europa haben wir das große Schollen¬ 
land mit seinen horizontal gelagerten Tafeln, mit seinen Einbrüchen 
und als Gebirge erscheinenden stehengebliebenen Horsten und mit den 
Schuttanhäufungen der Eiszeit. Die 18 Hauptströme Europas durch¬ 
ziehen strahlenförmig das Schollenland und haben größtenteils in 
der Faltenzone ihren Ursprung. Der „baltische Schild" der skan¬ 
dinavischen Granittafel erstreckt sich im äußersten Nordwesten des 
Schollenlandes wie eine riesige Festungsmauer dem Weltmeere ent¬ 
gegen. Merkwürdig ist, daß die das Schollenland umgebenden 
Meeresteile im Norden und Westen Europas alle flach sind, und 
man hat berechnet, daß eine Hebung Europas nur um 200 m ge¬ 
nügen würde, um sämtliche Binnenmeere von Nowasa Semlja bis 
zum Biskayischen Meerbusen trocken zu legen. Andererseits zeigt 
das Mittelmeer bedeutende Tiefen, bis zu 4000 na in seinen süd¬ 
lichen Teilen; aber gerade diese Tiefe läßt es als Heizreservoir für 
seine Umgebung im Winter erscheinen. „Es vermag die im Winter 
sich abkühlenden, folglich schwerer werdenden Wasserteilchen der Ober¬ 
fläche Schicht für Schicht in die Tiefe einsinken und wärmeres 
Wasser an die Oberfläche emporsteigen zu lassen, so daß die darüber 
lagernde Luft erwärmt wird." Mit den geologischen Unterschieden 
treffen auch klimatische Gegenüberstellungen zusammen. In dem 
Schollenlande haben wir die Zone des vorherrschenden Sommer¬ 
regens; Wiesen und Kornfelder sind die charakteristischen Bestandteile 
des Landschaftsbildes. In den südlichen Teilen der südlichen Halb¬ 
inseln dagegen treten Winterregen auf, und wir begegnen dem Acker¬ 
bausystem der Gartenlandschaften, wie es sich am ausgeprägtesten in 
den spanischen V6ga8 und huertas findet. In dem trockenen Som¬ 
mer, wo die Nordwinde vorherrschen (vergl. die Etesien der Alten), 
ist die Vegetationsruhe für die einjährigen Pflanzen, wie bei uns 
im Winter, während gerade der Winter sich das Getreide entwickeln 
läßt, das man bei Beginn der Sommerdürre im Mai erntet, worauf 
oft noch Reis gesät und zur Reife gebracht wird. 
Der Westen Europas hat ein ausgesprochen oeeanisches Klima 
mit feuchten und warmen West- und Südwestwinden. Dazu kommt 
noch der Einfluß des Golsstromes, der die Temperatur der westlichen
	        
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