Full text: Die Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

69. Die Solönische Verfassung. 2Z!» 
in die Schiffe und eroberten Salamis. Das war ein entscheidender 
Wendepunkt im Leben der Athener. Sie waren wieder Herren in den 
eigenen Gewässern, sie konnten wieder ohne Scham ihre Augen aufheben. 
Wie tief aber Solon seine Aufgabe faßte, beweisen seine nächsten 
Schritte. Denn es kam ihm nicht auf einige äußerliche Erfolge an, 
sondern auf die sittliche Hebung der Volksgemeinde. Er erklärte eine 
allgemeine Demüthigung vor den Göttern und eine Sühnung der gan¬ 
zen Stadt für nothwendig. Um dieser ernsten Feier eine durchgreifende 
Bedeutung zu geben, veraulaßte er die Berufung des Epim cuides 
aus Kreta, eines Mannes, welcher ein hohes priesterliches Ansehen bei 
allen Hellenen genoß und von Haus- und Siaatsgenossenschaftcn gerufen 
zu werden pflegte, um durch Zuspruch, Unterweisung und Sühngebräuche 
das gestörte Verhältniß zu den unsichtbaren Mächten wiederherzustellen. 
Epimenidcs weihte, nachdem durch umwaudelnde Opferzüge die alte 
Schuld gesühnt war, die ganze Stadt und den ganzen Staat dem 
Gotte der ionischen Geschlechter. Mit heiligem Lorberreis wurden alle 
Häuser und Höfe, alle Altäre und Heerde geweiht. 
Nachdem so die Bürgerschaft gleichsam neu geboren war, kam Alles 
darauf an, sie von den innern Angelegenheiten abzulenkeu und auf die 
Bahn kühner Unternehmungen zu leiten, wo durch gemeinsames Kämpfen 
und Siegen die neu begründete Harmonie der Stände sich befestigen 
könnte. Welche günstigere Gelegenheit konnte sich aber zu diesem Zwecke 
darbieten, als die Bedrängniß des delphischen Tempelsitzes? Hier war 
der Kampf ein Gottesdienst, eine That zu Ehren des Apollo. 
Solon war die Seele der ganzen Unternehmung. Ihm gelang es 
im Anschlüsse an Sicyon, den Bund zu Stande zu bringen, mit welchem 
ionische Thatkrast zuerst in die allgemeinen Angelegenheiten der Hellenen 
eingrifs, das Bundesheer zu sammeln, den Kampf zu leiten, und als der¬ 
selbe vor den Mauern von Cirrha hartnäckigeren Widerstand fand, die 
Gemüther bis zum endlichen Siege in ausdauernder Spannkraft zu er¬ 
halten. Solon verbrachte die zehn Kriegsjahre nicht im Heerlager der 
Verbündeten. Er überließ die Ausführung des Unternehmens und was 
damit an Waffenehre und Gewinn verbunden war, seinen ehrgeizigeren 
Bundesgenossen, weil er selbst höhere Gedanken in seinem Haupte trug 
und während der Kriegsjahre sich noch berufen fühlte, ein Werk zu 
beginnen, von welchem die ganze Zukunft seiner Vaterstadt abhangen 
mußte. 
69. Die Solonische Verfassung. 
(Nach Friede, v. Raumer, Vorlesungen über die alte Geschichte.) 
In dem Jahre, wo Astyages den mcdischen Thron bestieg, 594 
vor Christus, ward Solon zum Archon und Gesetzgeber ernannt. 
Glicht ohne reifliche Ueberlegung entschloß er sich zur Annahme dieser
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.