Full text: Die Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

73. Die beiden ersten Perserkricge (gegen Darius I.). 
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daß der Geist über die Masse einen glänzenden Sieg feiern werde. 
Nach dem Falle von Milet hatte er den Chersones verlassen und sich 
nach Athen begeben, wo er in dem größten Ansehen stand und seinen 
Einfluß darauf verwendete, daß jetzt alles zu den Waffen griff. Ihm 
zur Seite standen zwei jüngere Männer, Aristides und Themisto- 
kles, beide an Jahren fast gleich, an Charakter aber verschieden, jedoch 
gleich stark ergriffen von der Liebe zu ihrem Vaterlande. Diesen Män¬ 
nern gaben ihre Amtsgenossen wenigstens so viel nach, daß man bei 
Marathon dem Feinde gegenüber eine feste Stellung einnahm. Allein 
eine so überlegene Macht anzugreifen, worauf Miltiades zuerst antrug, 
fand man sehr bedenklich, zumal da die spartanische Hülfe ansgeblieben 
war. Weil nun die Meinungen gleich getheilt waren, so mußte dem 
Gesetze gemäß der Polemarch Kallimachus den entscheidenden Ausschlag 
geben. Ihn wußte Miltiades für seine Ansicht zu gewinnen, und so 
ward beschlossen, dem Feinde eine Schlacht zu liefern. Einen bestimm¬ 
ten Oberanführer hatte man nicht, sondern der Feldherr einer Phyle 
übernahm allemal auf einen Tag die Oberanführung und wechselte so 
mit seinen übrigen Collegen. Aristides trat nun mit rühmlicher Be¬ 
scheidenheit an seinem Tage den Oberbefehl an Miltiades ab, und sei¬ 
nem Beispiele folgten auch die anderen Feldherren. Doch erst an dem 
Tage, an welchem die höchste Leitung dem Miltiades der Ordnung nach 
zukam, gab er das Zeichen zur Schlacht. Die Perser durchbrachen die 
von Miltiades absichtlich schwächer eingerichtete Mitte der griechischen 
Schlachtordnung, wo Aristides und Themistokles mit ihren Phylen strit¬ 
ten; auf beiden Flügeln aber wichen die Perser bald und stürzten in 
wilder Flucht zu ihre» Schiffen. Sogleich wandten sich die griechischen 
Schwerter nach der Mitte gegen den Kern des feindlichen Heeres, und 
unter ergrimmten Schlägen erlag hier, was bisher noch gestanden hatte. 
Der muthige Haufe der Athener und Platäer verfolgte den fliehenden 
Feind bis zum Meeresstrande und plünderte das ganze Lager, welches 
die Perser mit allen darin aufbewahrten Schätzen im Stiche lassen 
mußten. Die Freude über den errungenen Sieg war bei den Athenern 
so groß, daß ein Krieger, der vom Heere abgeschickt war, um diese frohe 
Botschaft der Stadt zu verkünden, nur die Worte auf dem Markte 
ausrief: „Xalgne, xaíQo¡.av\i’- und todt zur Erde stürzte. Indessen hat¬ 
ten die Perser noch nicht alle Hoffnung aufgegebcn. Sie umsegelten 
schnell das Vorgebirge Sunium und dachten Athen zu überrumpeln, che 
dessen Krieger dahin zurückkehren konnten. Diese Absicht hatten die 
Athener zeitig genug wahrgenommen, waren nach der Stadt geeilt und 
erwarteten schlagfertig die Perser im Hafen von Piräus. Sobald die 
Perser dies merkten, nahmen sie, ohne einen weitern Versuch zu machen, 
den Rückzug nach der kleinasiatischen Küste und eilten beschämt in ihre 
Heimat zurück. So war auch der zweite Versuch, Griechenlands Frei¬ 
heit und Unabhängigkeit zu untergraben, den Persern völlig mißlungen. 
Der Name Miltiades aber war Kindern und Greisen eine Losung der 
Freude; das Volk empfing den Sieger mit Jubelliedern als seinen
	        
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