Full text: Die Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

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IX. Die Griechen. 
85. Oligarchie in Äthen und Rückkehr des Alcibiades. 
(Nach Wilh. Bischer, Allibiades und Lysandros.) 
Seit dem sicilischen Mißgeschicke war in Athen ein bedeutendes 
Hinneigen zu einer Modificirung der Demokratie sichtbar, besonders 
wünschte im Heere in Samos ein großer Theil der Führer eine Oli¬ 
garchie. Alcibiades, der sein früheres Unglück zum großen Theil der 
Demokratie zuschrieb und durch eine Verfassungsveränderung namentlich 
einen seiner Hauptgegncr, den Demagogen Androkles, zu entfernen hoffte, 
sprach nun seine Bereitwilligkeit aus, wieder zurückzukehren, und ver¬ 
sprach, den persischen Satrapen Tissaphcrncs auf die Seite von Athen 
zu bringen, wenn eine Oligarchie eingeführt werde. Die oligarchisch 
gesinnten Männer gingen gerne darauf ein, die sehr triftigen Einwen¬ 
dungen des Feldherrn Phrynichus wurden nicht beachtet, die Masse ließ 
sich durch Hoffnung auf eine glückliche Wendung des Kriegs bethören, 
und alle Einleitungen zu einer Umwälzung wurden getroffen. Als aber 
die Versprechungen der persischen Hülfe durch des Tissapherncs verän¬ 
derte Stimmung sich bald als nichtig zeigten und ein Zerwürfniß zwi¬ 
schen Alcibiades und den Oligarchen eintrat, da gaben diese, die bereits 
zu weit gegangen waren, um sicher zurücktreten zu können, ihre Pläne 
doch nicht auf, sondern machten eine Revolution, ohne dadurch für Athen 
irgend einen äußeren Vortheil zu gewinnen. Aber das Heer in Sa¬ 
mos erklärte sich für die Demokratie, constituirte sich selbst als souve¬ 
ränes Volk, rief den Alcibiades zurück und ernannte ihn zum Feldherrn. 
Er benutzte seine neue Stellung sofort aufs löblichste, hielt das Heer 
ab, wie es im ersten Jngrimme beabsichtigte, gegen Athen zu ziehen, 
und rettete dadurch den Staat von unvermeidlichemUntergang; er for¬ 
derte auch von den Oligarchen keineswegs vollständige Herstellung der 
unumschränkten Demokratie, sondern nur Abschaffung des verhaßten 
neuen Rathes, und mahnte dringend beide Theile, dem äußeren Feinde 
sich unverzagt entgegen zu stellen; sei man einmal gegen den gesichert, 
so werde sich wohl die Eintracht im Innern wieder geben. Mit eineni 
Worte, er bewies jetzt solche Besonnenheit und so kluge Fürsorge für 
das Wohl des Staates, daß man darüber fast vergißt, wie er zumeist 
das Unglück herbeigeführt hatte, ans dem er ihn jetzt zu retten bestrebt 
ist. Ueberhaupt beginnt jetzt der schönste Theil seiner Laufbahn, so 
schön, daß, wenn er nichts Anderes gethan hätte, wir ihn zu den treff¬ 
lichsten Bürgern rechnen müßten. Die Schule des Unglücks hatte ihn 
geläutert. 
In Athen hatte, wie er es wünschte, die Oligarchie nach kaum 
viermonatlicher Dauer einer gemäßigten Demokratie Platz gemacht. Eine 
der ersten Handlungen dieser war die Zurückberufnng des Alci¬ 
biades, der nun, an der Spitze der athenischen Streitkräfte, Talente 
entwickelt, die ihm einen Platz unter den Feldherren des ersten Ranges 
anweisen. Die Liebe und das Zutrauen seiner Leute gewinnt er im
	        
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