Full text: Die Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

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XI. Die Römer. 
Zum Behufe dieser umfassenden Thätigkeit war dem Oberpriester (?on- 
tifex Maximus) ein genaues Verzeichniß aller zur Verehrung der 
Götter angeordneten heiligen Handlungen übergeben worden, worin aus¬ 
führlich erläutert war, an welchen Tagen, in welchen Tempeln, mit 
welchen Gebräuchen die Opfer dargebracht, und ans welchen Mitteln 
der Aufwand für diesen Zweck bestritten werden sollte. Also nicht nur 
die Bet-, Buß- und Dankfeste, welche von Seiten des Staates ange- 
ordnct waren, die Spiele, Feste und feierlichen Handlungen, welche die 
Gesammtheit des Volkes beging, sondern auch die Gottesverehrung der 
Geschlechter und Familien war unter die Obhut der Pontifices gestellt. 
Sie deuteten die göttliche Offenbarung, sie legten die Gesetze über die 
Verehrung der Götter aus, sie lös'ten alle Zweifel, welche in Sachen 
des Glaubens die Gewissen beschweren mochten. Daher sie auch rich¬ 
terliche Befugnisse hatten und ein Strafamt übten. Denn alle Strei¬ 
tigkeiten der Bürger, Staatsbeamten und Priester, welche das Gebiet 
der Religion berührten, werden durch sie geschlichtet; ihre Entscheidung 
war nicht gebunden an geschriebene Gesetze, sondern sie richteten nach 
bestem Wissen und Gewissen und waren Niemand verantwortlich für 
ihren Spruch. Außerdem hatten sie die Verpflichtung, alles Bedeutende 
und Bemerkenswerthe, was ihren Geschäftskreis berührte, sorgfältig auf¬ 
zuzeichnen, woraus die Oornrnentarii Pontificum entstanden. Endlich 
war es auch der Oberpriester, welcher das Andenken der Thaten und 
Schicksale des römischen Volkes auf die Nachwelt brachte. Denn in 
seinem Hause war eine weiße Tafel ausgestellt, auf welcher nicht nur 
die Namen der Magistrate, sondern alle denkwürdigen Ereignisse des 
Jahres ausgezeichnet waren, Krieg, Pestilenz, Theurung, Feuer- und 
Wassernoth, Und was von Wundern und Zeichen gemeldet war. Diese 
kurzen Berichte standen Jedermann zur Einsicht offen und sind der An¬ 
fang römischer Geschichtschreibung geworden. 
Mit den Befugnissen der Pontifices stand in enger Verbindung die 
neue Jahreseintheilung, welche dem Numa zugeschrieben wird. Unter 
Romulus war, wie es scheint, ein zehnmonatliches Sonnenjahr von 304 
Tagen bei den Römern, wie auch bei andern italischen Völkern in 
Uebung gewesen. Dabei war durchaus keine Rücksicht auf das Vcr- 
hältniß des Sonnenjahrs zum Umlauf des Mondes genommen und 
dadurch war Verwirrung entstanden. Numa hat daher ein Monden- 
jahr von 12 Monaten oder 355 Tagen eingeführt, dessen Verhältniß 
zum Sonnenjahr genau bestimmt, durch Schaltmonate von 22 Tagen, 
die regelmäßig alle zwei Jahre eintreten sollten, das Fehlende ergänzt, 
so daß nach einem Cyklus von 24 Jahren die bürgerliche Zeitrechnung 
in vollkommene Uebereinstimmung mit dem Umlauf der Sonne gebracht 
würde. Dabei hatte Numa auch den Anfang des Jahres verändert. 
Denn während früher der Monat März, zu Ehren des Kriegsgottes 
und Stammvaters des römischen Volks, die Reihe der Monde begann, 
hatte er den Januarius an die Spitze gestellt, wie es heißt, zu Ehren 
des Janus, welcher, ein alter Herrscher des Landes, oder eine Gottheit,
	        
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