178. Cäsar's Kriege im Orient.
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Witter sich vor. Alexandria war eine Weltstadt, so gut wie Rom, an
Einwohnerzahl der italischen Hauptstadt schwerlich nachstehend; in der
Bürgerschaft war ein reges nationales Selbstgefühl, und man kann sich
ihre Empfindungen denken, als sie in der Residenzstadt der Lagiden den
römischen Feldherrn schalten und ihre Könige vor seinem Tribunal Recht
nehmen sah. Cäsar hatte, so wie er sich nach der Landung mit seiner
Handvoll Leute dieser erbitterten Menge gegenüber fand, die ungeheure
Gefahr wohl begriffen, in der er schwebte; schleunigst raffte er seine
zerstreuten Mannschaften zusammen, bemächtigte sich der Person des
Königs und seiner Minister, verschanzte sich in der königlichen Burg
und dem benachbarten Theater, ließ, da es an Zeit gebrach, die in dem
Hanpthafen stationirte ägyptische Kriegsflotte in Sicherheit zu bringen,
dieselbe anzünden und die den Hafen beherrschende Leuchtthnrminsel Pha¬
ros durch Boote besetzen. Zugleich ging dem Commandanten von Klein-
Asien, wie auch den nächsten unterthänigen Landschaften, den Syrern,
den Kretensern und den Rhodicrn, der Befehl zu, schleunigst Truppen
und Schisse nach Aegypten zu senden. Da Cäsar von der Landseite
nicht zu überwältigen war, richteten sich die Anstrengungen der Bela¬
gerer darauf, seine Flotte zu vernichten und ihn von der See abzu¬
schneiden, ans der die Zufuhr ihm zukam. Sie stellten mit den Resten
ihres Arsenals ein kleines Geschwader her und bemächtigten sich der
Insel Pharos, die durch einen Damm mit dem festen Lande (dem Bru-
chinm) zusammenhing. Dadurch wurde die schmale und klippige Mün¬
dung des Hafens gesperrt. Bei dem Versuche, die Insel wieder zu
gewinnen, kam Cäsar selbst in die äußerste Lebensgefahr; denn als die
unversehens gelandeten Aegyptier die ans dem Damm zusammengedräng-
ten römischen Soldaten von hinten angriffen und die ganze Masse in
wilder Verwirrung ins Meer sprengten, so daß 400 Soldaten und
noch mehr Matrosen ertranken, sprang der Feldherr selbst vom Damm
auf ein Schiff, und als dieses wegen Uebersüllung anfing zu sinken,
schwamm er unter einem Pfeilregen einige hundert Schritte weit nach
einem andern Schisse, in der einen Hand wichtige Schriften emporhal¬
tend, um sie nicht verderben zu lasseu. Endlich kam der ersehnte Ent¬
satz. Mithridates von Pergamum, ein tüchtiger Kriegsmann aus der
Schule des Mithridates Eupator, dessen natürlicher Sohn er zu sein
behauptete, führte zu Lande von Syrien her die Contingente der kleinen
Häuptlinge und Gemeinden Ciliciens und Syriens heran. Die Aegyp¬
tier, jetzt den jungen König Ptolemäus an der Spitze, welchen Cäsar
in der vergeblichen Hoffnung, die Insurrection durch ihn zu beschwich¬
tigen, zu den Seinigen entlassen hatte, entsandten auf dem Nil ein
Heer, um Mithridates ans dem jenseitigen Ufer festzuhalten. Allein
Mithridates, geübt in römischer Weise zu manövriren und zu lagern,
gewann bei Memphis unter glücklichen Gefechten das andere Ufer. Cä¬
sar andererseits, so wie er von dem Eintreffen der Entsatzarmee Kunde
erhielt, führte einen Theil seiner Truppen dem herankommenden Mi¬
thridates entgegen. Die Vereinigung erfolgte, ohne daß der Feind sie