Full text: Die Geschichte der Deutschen

185 
Weitere Verbreitung der neuen Lehre. Luther in Werms. 
gestimmt. Der päpstliche Nuntius war unterwegs, obschon er in des 
Kaisers eigenem Gefolge reis'te, kaum seines Lebens sicher, und mußte sich 
oft mit einer armseligen und unreinlichen Herberge begnügen, weil ihn 
Niemand aufnehmen wollte. .In Worms sah er noch mehr, wie alles 
Volk und der Adel für Luther eingenommen war. Schriften, Lieder und 
Bilder, welche des Papstes Ansehn verspotteten, waren überall verbreitet. 
Luther dagegen ward hoch erhoben, selbst in Gegenwart des Kaisers. 
Auf dem Reichstage hielt Alexander eine drei Stunden lange Rede, in 
welcher er aus Luther's Schriften zu beweisen suchte, daß derselbe ein 
arger Ketzer sei, und zu den strengsten Maßregeln gegen ihn aufforderte. 
Allein der Kurfürst von Sachsen trug darauf an, Luther erst selbst zu 
hören, ob er auch die angeführten Schriften als die feinigen anerkenne, 
und der Kaiser und die Fürsten pflichteten ihm bei. Obschon nun der 
Kardinal dagegen redete und vorbrachte, was der Papst bereits entschieden, 
dürfe nicht nochmals untersucht werden; so wurde Luther doch vorgeladen, 
und der Kurfürst von Sachsen erwirkte ihm das sichere kaiserliche Geleit. 
Die Seele Luther's hatte schon solchen Glaubensmuth bekommen, daß 
er seinen Freunden, die ihm von der Reise nach Worms abriethen und 
an Hussens Schicksal erinnerten, antwortete: „Und wenn in Worms soviel 
Teufel wären, als Ziegel auf den Dächern, so wollt' ich doch hin." 
Seine Reise dahin glich einem Triumphzuge. Ueberall drängte sich das 
Volk hinzu, den kühnen Mann zu sehen. Unterwegs dichtete er das 
herrliche Lied: Ein' feste Burg ist unser Gott; am 16. April 1521 
kam er in Worms an und ward gleich den folgenden Tag in die Reichs¬ 
versammlung geführt. Der Glanz der Großen der Erde schreckte ihn 
nicht; er behauptete mit unerschüttertem Muthe seine Lehre. Alle Ver¬ 
suche, ihn zum Widerruf derselben zu bewegen, scheiterten an seiner Stand¬ 
haftigkeit. Der Kaiser dagegen erklärte den deutschen Fürsten, daß er 
entschlossen sei, alle seine Reiche, Länder, Freunde, Leib und Blut und 
selbst das Leben dahin zu verwenden, daß dieses gottlose Unternehmen 
keinen weiteren Fortgang haben könne, indem es sonst' ihm und der deut¬ 
schen Nation zur ewigen Schande gereichen werde. Seine Vorfahren, 
die christlichen deutschen Kaiser, die katholischen Könige von Spanien und 
die Herzoge von Oestreich und Burgund seien sämmtlich bis auf den 
letzten Augenblick der römischen Kirche getreu geblieben, sie hätten ihm 
die katholische Lehre und Kirchenverfassung gleichsam erblich hinterlassen, 
nach welcher er bis dahin gelebt habe und auch zu sterben gedenke. Er 
wolle demnach Luther keineswegs mehr hören, sondern ihn wieder entlassen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.