Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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Und wieder schallte es hin aus tief bewegten Menschenherzen, wieder 
rauschte der Brunnen, wieder schmetterte das Vöglein. — 
4. Abseits aber am Brunnenrande stand eine. Sie war wohl die ein— 
zige Stille in all dem Jubel, und zwei Tränen rannen ihr langsam über 
die blasse Wange. Doch jauchzte ihre Seele wie keine andre; der Ton war 
aber zu voll und mächtig, der ihr im Herzen tönte, er konnte sich nicht über 
die Lippen drängen. Es ist ja eine bekannte Sache, daß die tiefste Freude 
still macht. — Es war die junge Frau des Reservisten Jakob Hellmut; 
droben im Dorfe wohnte sie, hinter der Kirche. Die schmale grüne Tür, 
die in eine winzige Küche führte, und das Kämmerlein daran mit dem ein— 
zigen Fenster, das war ihre Behausung für sich und ihre beiden Kindlein. 
Da stand sie mit ihrem stillen Gesicht und den tiefen Augen, gelehnt 
an das volle Gefäß, das auf dem Brunnenrande steht. Sie ist nicht schön 
und blühend, die Käthe Hellmut, aber Wahrheit und Treue sprechen aus 
ihren offenen Zügen. Sie ist recht ärmlich, aber reinlich und ordentlich ge— 
kleidet; die blonden Scheitel liegen ihr glatt und sauber um die Schläfen, 
und die starken Zöpfe sind geborgen unter einem hellen, kattunenen Häubchen. 
Ihren Händen, der ganzen Gestalt sieht man's an, daß sie eine Tochter der 
Arbeit ist, der schweren Arbeit, davon es heißt, daß sie das Menschenleben 
köstlich mache, und aus ihrem festen Wesen offenbart sich ein starker Mut, der 
sich nicht fürchtet vor einem rechtschaffenen Kampfe. Das Beste an und in 
ihr strahlt ihr aber aus den Augen. Das ist die warme Liebe, die sie im 
Herzen hat, die Liebe, womit sie die umfaßt, die ihr Bestes und Kostbarstes 
sind, was sie auf der Welt hat: ihren Mann und ihre Kinder. 
In all dem Siegesjubel um sie her hat ihre Seele Flügel bekommen 
und ist dahin geflogen, wo er mit gestritten und gelitten für den großen, 
herrlichen Erfolg dieses Tages. Er ist Ulan! Sie sieht ihn hinjagen mit 
dem flatternden Fähnlein. Er wendet sich auf seinem wackern schwarzen 
Rosse. Seine Augen blitzen hell auf, und unter dem Barte schimmern die 
weißen Zähne des lachenden Mundes, und er ruft ihr zu: „Käthe, was 
sagst du nun? haben wir's nicht gut gemacht?“ — Und all ihre Freude, 
ihr Stolz, ihr ganzes aufjauchzendes Herz gehört diesem Einzigen, als hätte 
er alles allein vollbracht! — 
5. Am 17. Juli ist er von ihr gegangen. Sie hat ihm mit den Kin— 
dern ein Stück Wegs das Geleite gegeben. Der lange Sommertag neigte 
sich zu Ende, die Sonne stand tief unten am Himmel. Das jüngste Kind, 
ein Mädchen, trug der Vater; das älteste, ein starker, vierjähriger Knabe, 
ritt voraus auf einem Stock. — Der große, breitschultrige Mann wollte sich 
nichts merken lassen; aber es war ihm doch recht weich und weh in der 
Herzgegend. Er redete mancherlei von dem frischen, fröhlichen Reiten und
	        
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