166 Geschichte des Dreißigjährigen Krieges.
lern Fußvolk nach der Spree in Bewegung. Die Situa¬
tion, in welcher sich dieser König auf deutschem Boden
befand, machte ihm zum unverbrüchlichen Klugheits¬
gesetze, keinen Schritt vorwärts zu tun, ohne den Rücken
frei zu haben. Mit der mißtrauischsten Behutsamkeit
mußte er ein Land durchziehen, wo er von zweideutigen
Freunden und mächtigen offenbaren Feinden umgeben
war, wo ein einziger übereilter Schritt ihn von seinem
Königreich abschneiden konnte. Der Kurfürst von Bran¬
denburg hatte vormals schon seine Festung Küstrin den
flüchtigen Kaiserlichen aufgetan und den nacheilenden
Schweden verschlossen. Sollte Gustav jetzt gegen Tilly
verunglücken, so konnte eben dieser Kurfürst den Kaiser¬
lichen seine Festungen öffnen, und dann war der König,
Feinde vor sich und hinter sich, ohne Rettung verloren.
Diesem Zusall bei gegenwärtiger Unternehmung nicht
ausgesetzt zu fein, verlangt er, ehe er sich zu der Befreiung
Magdeburgs aufmachte, daß ihm von dem Kurfürsten die
beiden Festungen Küstrin und Spandau eingeräumt
würden, bis er Magdeburg in Freiheit gesetzt hätte.
Nichts schien gerechter zu sein als diese Forderung.
Der große Dienst, welchen Gustav Adolf dem Kurfürsten
kürzlich erst durch Vertreibung der Kaiserlichen aus den
brandenburgifchen Landen geleistet, schien ihm ein Recht
an feine Dankbarkeit, das bisherige Betragen der Schwe¬
den in Deutschland einen Anspruch auf fein Vertrauen
zu geben. Aber durch Übergabe feiner Festungen machte
der Kurfürst den König von Schweden gewissermaßen
zum Herrn feines Landes, nicht zu gedenken, daß er eben
dadurch zugleich mit dem Kaiser brach und feine Staaten
der ganzen künftigen Rache der kaiserlichen Heere bloß-
fiellte. Georg Wilhelm kämpfte lange Zeit einen grau¬
samen Kampf mit sich selbst, aber Kleinmut und Eigen¬
nutz schienen endlich die Oberhand zu gewinnen. Un¬
gerührt von Magdeburgs Schicksal, kalt gegen Religion
und deutsche Freiheit, sah er nichts als feine eigene Ge-