Vom Regen.
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5. Mit der Menge des Regens steht das seltnere oder öftere
Fallen (die Vertheilung im Jahreslanfe) in gewissem Verhältniß. Wie
bedenklich wäre der Anbau des Getraides, Obstes, Weins, und der Küchenpflanzen,
wenn die 23" Regen bei uns rasch hintereinander, etwa in einem Frühlings- oder
gar Herbstmonat herab fielen! Zum Glück steht es anders, es regnet wenig
bei uns, aber desto öfter, und so findet ein stäter Wechsel zwischen trockner
und nasser Witterung statt. Eine Regel darin entdecken, wird wohl zu schwierig
sein. Nur soviel ergibt sich aus vielen in unsrer Zone gemachten Beobachtungen,
daß es in den westlichen Küstenstrichen Europas mehr zur Herbstzeit, entfernter
davon B. im östlichen Frankreich und im Innern Deutschlands) mehr im
Frühling und Sommer regnet*). Je weiter nach Osten, desto weniger feucht
die Winter. Zu Jrkuzk und Jaknzk hat man fast den ganzen sehr kalten Winter
hindurch hellen Himmel.
Der heiße Erdgürtel unterscheidet sich auch hierin von den beiden ge¬
mäßigten. Dort ist nicht allein die jährliche Menge des Regens größer;
er fällt anch seltner und periodisch, und gewöhnlich für jede Gegend erst
dann, wenn die Sonne den höchsten Stand erreicht hat. Am Aequator selbst
tritt zweimal des Jahrs regnichte Zeit ein; doch schon in Entfernung von
wenigen Breitegraden gibt es nur Eine Regenperiode; weshalb man den tropi¬
schen Ländern zwei Jahrszeiten zuschreibt, die langdauernde trockne und
die kürzere nasse. Beide wandern gleichsam mit der Sonne, indem die Süd-
hälfte der beißen Zone trockne Zeit hat, wenn die Sonne über der Nordhälfte
steht, und so umgekehrt. Auch bemerkt man, daß der Regen dort meistens mit
Eintritt der Nacht nachläßt, um mit Aufgang der Sonne wieder zu beginnen.
Furchtbar ist alsdann das Toben der Gewitter, von entsetzlichen Orkanen be¬
gleitet, und der Regen gießt nicht in Tropfen, sondern in Wasserstrahlen herab.
Zu Cayenne (im französischen Gniana) fiel einmal in 36 Stunden eine Wasser¬
masse von 37 Zoll Höhe, also mehr als bei uns im ganzen Jahre.
In Ostindien ist die eigenthümliche Erscheinung, daß die Regenzeit zwischen
Ost- und Westküsten wechselt; Malabar z. B. hat seine Regenzeit im Sommer,
Coromandel im Winterhalbjahr. Beide Küsten sind aber durch das Gebirge
Ghates geschieden und regelmäßig periodischen Winden, den Monsunen, ausgesetzt,
wie wir in folgendem §. sehen werden.
*) Folgendes aus Kriegk's Angaben über die klimatischen Verhältnisse zu
Frankfurt mag hier Platz finden: der dortige jährliche Niederschlag beträgt
im Durchschnitt 25" 10'", und ist in den 3 Sommermonaten größer als in den
3 Wintermonaten. Für stärkste Ergüsse gelten Gewitter, wie die am 23. Mai
1829 und 24. Juli 1831, wo die Regenmenge 2" 8"' betrug; der große Schnee¬
fall am 17. März 1827 ergab 9'". Der mittlere größte Wärmestand zu Frank¬
furt beträgt 25,8° R. und mittlere größte Kälte — 11,5°. Die Wärme
steigt daselbst eher auf 28°, als die Kälte auf 16 und darüber. In diesem
Jahrhundert fiel das Thermometer nur dreimal auf — 20°, am 2. Febr. 1830
aus 22,3° was als Maximum der Kälte zu betrachten. Die größte Wärme dieses
Jahrh, war den 19. Juni 1827, nämlich 28,8°, und 29° den 17. Juli 1852.