Full text: Charakterbilder deutschen Landes und Lebens für Schule und Haus (Theil 3)

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das Nützliche und Einträgliche berücksichtigt wissen wollen; denn es ist 
nahe dem lebhaftesten Theile der Stadt ein weiter Raum theils neu 
gewonnen, theils besser verwerthet und damit dem rastlos vorschreiten- 
den Unternehmungsgeiste sein Recht gewahrt worden. 
Im preußisch-französischen Kriege (1806) mußte Leipzig die Be- 
schlagnahme aller englischen Waaren um 7 Millionen Franken loskaufen ; 
es sah alle Häfen gegen England gesperrt, später mußte es sich sogar 
einen großen Vorrath englischer Waaren verbrennen lassen. Dasür 
entwickelte sich jedoch die inländische Industrie um so schneller, und selbst 
in den unglücklichsten Kriegsjahren hatte sich Leipzig stark besuchter Mes- 
sen zu erfreuen. Von den härtesten Schlägen ward die Stadt im Jahre 
1813 betroffen, wo die große Völkerschlacht in seiner nächsten Nähe 
wüthete, ja bis in die Stadt selber sich fortsetzte und in jenen denk- 
würdigen Tagen Leipzig in ein großes Militär-Lazareth verwandelte. 
Doch auch dies Ungemach ward bald überwunden. Dieselbe Lage, welche 
die Kriegsheere in den Ebenen Leipzigs so oftmals versammelt hatte, 
begünstigte ja auch die Meßstadt und machte sie zum Mittelpunkt eines 
großen Handelsverkehrs. Vermöge dieser Lage ist Leipzig der Mittel- 
Punkt jenes Halbkreises, den die Elbe von Schandau bis Barby macht. 
Darum bildete sich eben hier ein bedeutender Straßenknoten, wo die 
Straßen nach Frankfurt und dem Rhein, nach Dresden und Breslau, 
nach Nürnberg und München, nach Magdeburg und nach Berlin sich 
kreuzten. Und der gleiche Knoten bildete sich, als die Eisenbahnen in's 
Leben traten; in Leipzig vereinigt sich die Leipzig-Dresdener, die Leipzig- 
Berliner , die Magdeburg-Leipziger, die Thüringer und die Sächsisch- 
Bayersche Staatsbahn. 
Da Leipzig sehr niedrig liegt, sieht es auch drei Flüsse in seiner 
Nähe zusammen kommen; die weiße Elster, Pleiße und Parthe. Diese 
Flußniederungen sind mir schönen Eichenwaldungen bedeckt; das an- 
muthige Rosenthal (der Leipziger Prater) zieht sich bis an die Stadt 
heran, die sich somit auf vielen Punkten schattiger Spaziergänge zu er- 
freuen hat. Früher seiner großen Sterblichkeit willen verrufen, ist Leip- 
zig jetzt eine eben so gesunde als heitere und freundliche Stadt ge- 
worden. Sind auch die meisten der großen und schönen Gärten, die 
früher außerhalb der Stadt lagen, jetzt bereits ein Theil der Stadt 
selber geworden und mit Gebäuden ausgefüllt: so giebt es doch noch 
überall freie Durchblicke (mit Ausnahme des enggebauten Centrums) 
und größere Plätze. Der schönste und größte ist der Augustusplatz, 
auf welchen die Grimma'sche Straße mündet; auf der einen Seite vom 
Universitätsgebäude mit seiner freundlichen Kirche, weiterhin vom im- 
posanten Gebäude der 1. Bürgerschule und dem 1857 errichteten städtischen 
Museum — auf der andern Seite vom prächtigen neuen Theater, das zu An- 
fang des Jahres 1868 eingeweiht wurde, dann von der Post und andern 
palastartigen Häusern begrenzt, bietet dieser große Platz eine prächtige 
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