8 Einleitung. 
tung gegen die Sonne, daß die Strahlen derselben senkrecht auf den 
Äquator fielen, so wäre der Wechsel von Tag und Nacht allethalben 
gleichförmig, jede Gegend hätte 12 Stunden Tag, 12 Stunden Nacht, 
auch der Wärmegrad bliebe in allen Gegenden stets gleich und es 
gäbe weder Verschiedenheit der Jahrszeiten, noch größere oder gerin¬ 
gere Tag- und Nachtlängen; allein die Erdkugel macht mit ihrer Bahn 
einen Winkel von 23° 27', so daß, da diese Richtung unverändert 
bleibt, während einer Hälfte des jährlichen Umlaufs die N. Halbkugel, 
während der anderen Hälfte die S. Halbkugel mehr der Sonne zuge¬ 
wendet ist und alfo auch längere Zeit erleuchtet und mehr erwärmt 
wird als die abgewendete Halbkugel. Die Sonnenstrahlen fallen ein¬ 
mal des Jahres senkrecht auf den Wendekreis des Krebses, 
einmal senkrecht auf den des SLeinbocks. Da nun, je senkrechter' 
die Strahlen fallen, desto größer die durch sie hervorgebrachte Wärme 
ist, so muß nothwendig die Folge dieses Wechsels auch ein regelmäßi¬ 
ges Ab- und Zunehmen der Wärme einer jeden Gegend, aber 
auch ein beständiges Ab- und Zu nehmen der Tages- und 
Nachtlänge auf der Erde sein. Diese schiefe Richtung der Erd¬ 
achse ist also die Ursache des für die Erdbewohner so wohlthätigen 
Wechsels der Jahrszeiten. Hat nämlich die Erde (21. Jun. 
Solstitium des Sommers) den Standpunkt erreicht, in welchem die 
Sonnenstrahlen senkrecht auf den Wendekreis des Krebses, 23i° (ei¬ 
gentlich 23° 27' 35") nördlich vom Aequator fallen, so erleuchten sie 
die Erdkugel vom südlichen Polarkreise an bis 23|° über den nördli¬ 
chen Polarkreis hinaus. Die Gegend innerhalb des südlichen Polar¬ 
kreises wird dann gar nicht erleuchtet und hat stets Nacht; dagegen hat 
die Gegend innerhalb des nördlichen Polarkreises Me Sonne immer, 
hat also stets Tag; die ganze Nordhälfte der Erde hat dann wärmere 
und längere Tage als die Südhälste (Sommer). Hat dagegen die 
Erde den Standpunkt erreicht (23. Septbr. Aequinoctium, Tag- 
und Nachtgleiche des Herbstes), in welchem die Sonnenstrahlen senkrecht 
auf den Äquator fallen, so scheint die Sonne von Pol zu Pol, die 
ganze Erde hat Tag und Nacht gleich, und alle'Gegenden unter 
denselben Breitengraden in S. und N. haben gleiche Wärme (Herbst). 
Steht die Erdkugel in der zweiten Jahreshälfte so, daß die S. Halb¬ 
kugel mehr der Sonne zugewendet ist, so tritt das unigekehrte Verhält¬ 
nis ein. Am 21. Dec. (Solstitium des Winters) fallen die Son¬ 
nenstrahlen senkrecht auf den Wendekreis des Steinbocks, die Süd¬ 
hälfte hat Sommer, die Nordhälfte Winter; am 21. März (Aequi- 
noctium des Frühlings) ist der Stand wie am 23. Septbr., daher 
allethalben Tag und Nacht gleich, aber die Südhälfte hat Herbst, die 
Nordhälfte Frühling. Die Sonne bewegt sich scheinbar also 
zwischen den beiden Wendekreisen (Tropicus), die, weil sie gleichsam 
die Wendepunkte sind, daher ihren Namen haben, so wie auch die 
Wendepunkte selbst Solstitia l- oder Sonnenstillstands punkte 
(21.Jun. und21.Dec.) heißen. Die scheinbare Bahn der Sonne, 
aber die eigentliche Bahn der Erde während ihres Umlaufs um die 
Sonne, nennt man Ekliptik, auch Sonnenbahn. Die hinter 
der Sonne stehenden Fixsterne kann man von der Erde aus natürlich
	        
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