Volks- und Staats-Verhältnisse. §. 47. Staatseinrichtungen. 461
gestellt, auch pflegt die Dienstzeit durch Beurlaubung ge¬
wöhnlich um mehr als die Hälfte abgckiirzt zu werden. Fer¬
ner sind hier die Adeligen, die angehenden Geistlichen, Ad¬
vokaten, Staatsbeamten, Doktoren der Rechte und Medizin,
die einzigen Söhne hochbetagter Eltern und außerdem alle
Vermögliche von der Aushebung befreit, foferu diese letzteren
taugliche Stellvertreter bezahlen wollen. In Tirol und Dal¬
matien ist die übrigens nach denselben Prinzipien fesigcstellte
Dicustpflichtigkeit insofern noch unbedeutender, als diese Provin¬
zen nur verhältnißmäßig schwache Truppenabtheilungen vollzählig
zu erhalten haben, jene ein Jäger-Regiment, diese die Hälfte
des Matrosen-Corps und eines Marine-Bataillons rc. Auch
geschiht die Aushebung in Tirol und Vorarlberg nach der in
den italiäuischen Provinzen üblichen Weise. — Hier beträgt
nämlich die Dienstverpflichtung blos 8 Jahre; auch trifft sie
nur die Altersklassen vom 20. bis 25. Jahre und aus diesen,
ohne Unterschied des Standes, lediglich die durchs Loos be¬
stimmten jungen Männer, die keinen Stellvertreter bezahlen. —
Für Ungarn und Siebenbürgen gelten hingegen ganz
andere Normen. Hier hat die Krone nur das Recht der
Werbung. Wenn diese nicht ausreicht, so beantragt sie die
Bewilligung des erforderlichen Rekruten-Bedarfs bei den Reichs-
ständen, worauf diese die Aushebung in den einzelnen Komi-
taten, Nationen rc., nach einer auf längere Zeit festgesetzten
Skala, anordnen. Die Dienstzeit dieser in Ungarn Ausgeho-
beneu beträgt 10 Jahre, während die dort Geworbenen in der
Regel auf Lebenszeit kapituliren. — Am umfassendsten ist end¬
lich die Wehrpflichtigkeit der Mi lita ir-Grenz lande, wie
weiter unten erörtert wird. —
Österreichs Landwehr hat für das Wehr-System des
Staats keinesweges die hohe Bedeutung, die der preußischen
eigen ist. In einer Zeit der Bedräugniß (1808) ins Leben
gerufen, konnte sich dies Institut seitdenl nur so weit ent¬
wickeln, als es die eigenthümlichen anderweitigen Verhältnisse
der österreichischen Militairverfassung zuließen. Zur Landwehr
sind nämlich in den deutschen und slavischen Provinzen alle
Waffenfähigen in dem Alter vom 18. bis 45. Jahre ver-
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