964 Abschn. 1. Asien. Kap. 2. Das Reich der osmanischen Türken.
fer Lehnsträger haben sich sakrisch ganz unabhängig und zu
erblichen Landesherren gemacht, wie der Vice-König von
Ägypten und die Pascha's von Tripolis und Tunis, wenn¬
gleich sie die Oberhoheit des Sultans dem Namen nach und
durch Tributzahlungen anerkennen. —
In ganz abweichenden Verhältnissen stehen die christlichen
Vasallen-Fürsten von Servien, von der Moldau und
Wlachei. Diese zahlen zwar ebenfalls Tribut, und der erbliche
Fürst von Servien bedarf, ebenso wie die von den Bojaren
erwählten Fürsten oder Hospodare der beiden anderen Va¬
sallen-Staaten, der großherrlicheir Belehnung: übrigens aber
stehen die inneren Angelegenheiten dieser Länder dem türkischen
Einflüsse ganz fern, und kein Türke hat in denselben rechtlich
irgend eine politische Gewalt, wenngleich faktisch das in Bel¬
grad ausgeübte Besatzungsrecht die Freiheiten Serviens fort¬
gesetzt bedroht. —
Die einst so gefürchtete, auf die allgemeine Wassenpflich-
tigkeit der Moslem's begründete Kriegs Verfassung ist mit
dem Erlöschen des nationalen Fanatismus sehr von Kräften
gekommen, und durch den Versuch, die auf ganz anderen na¬
tionalen Unterlagen erwachsene unb erstarkte europäische Kriegs¬
zucht und Kampfesweise, dem widerstrebenden Geiste der Os-
manen aufzupfropfen nicht verbessert worden. So lange sie
am Islam halten kann sie diese, wie jede andere Art der
Curopäisirung nur zur Schwächung und Verwirrung führen.
Es ist eine der sinnlosesten Albernheiten nioderner Phrasen-
macherei von einer „Reformation des Islam" zu sprechen:
denn durchgreifende und erfolgreiche Experimente dieser Art
sind, bei der Eigenthümlichkeit des Islam und seiner An¬
hänger, unmöglich. Sollten sie jemals stattfinden, so wird
auch der Halbmond dem Kreuze Platz gemacht haben und die
„Türken-Leiche" aus Europa hinausgeworfen seyn. —