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68 ganz vorzüglich zum Gefährten des nordischen Nomaden,
der ohne das Renthier nicht existieren könnte.
Auf seinen Wanderungen trägt es ihm sein Zelt und sein
sonstiges dürftiges Hausgeräth oder zieht ihn wol im Schlitten
über die Schneefläche dahin. Zum Reiten eignet es sich
weniger, zum Einspannen und Fahren läszt es sich dagegen
ziemlich leicht und schnell abrichten, nur musz man sich wol
hüten, es zu schlagen oder zu mishandeln, weil es sonst sehr
Faid widerspenstig wird. Wenn man das Thier zwingen will,
eine für seine Kräfte zu schwere Last wegzuziehen, oder wenn
wan es zu sehr zum Laufen antreibt, so ist es nicht selten,
dasz es sich schnell umwendet und seinen Führer mit dem
Geweih und mit den Vorderfüszeö angreift.
Las Fleisch des Renthiers ist sehr schmackhaft und
angenehm, die Zunge besonders wolschmeckend und ein
anerkannter Leckerbissen im Norden. Das Blut, von welchem
beim vorsichtigen Schlachten kaum ein Tropfen verloren geht,
Wird ebenfalls entweder warm getrunken oder zu einer Art
Würste verwendet. Die Markknochen werden an Feinschmecker
theuer verkauft, und aus den andern Knochen schnitzen die
Gordischen Nomaden in ihren Muszestunden ihre Löffel und
andere Kleinigkeiten. Die Blasen werden zu Gefäszen
'verwendet, worin Milch, Tabak usw. aufbewahrt wird. Die
Sehnen und die kleinen Gedärme werden gedreht und als
Nähfäden gebraucht. Die Haut dient als Kleidung, als Decke,
als Bett; es werden damit die Kinderwagen und Schlitten
ausgefüttert, so wie auch das Schlittengeschirr daraus gemacht
wird. Aus den Geweihen des Renthiers endlich verfertigen
die Lappen eine Menge kleiner Geräthschaften, als Löffel oder
Messerhefte; hauptsächlich aber werden sie so wie die Klauen
des Thieres an die schwedischen Kolonisten und Handelsleute
verkauft, welche vorzüglichen Leim daraus bereiten, den sie
sehr theuer absetzen.
Da die Renthiere alle ganz frei auf der Weide herum¬
laufen, so geschieht es sehr häufig, dasz die Herden verschiedener
Eigenthümer sich vermischen. Um nun das Erkennen derselben
möglich zu machen, zeichnen die Lappen ihre Thiere, indem
sie ihnen kleine Einschnitte in die Ohren machen.
Die gefährlichsten Feinde des Renthiers sind der Wolf
Und der zum blutdürstigen Mardergeschlecht gehörige Vielfrasz.
Auszer den Angriffen dieser mächtigeren Feinde ist das
Benthier auch noch den Verfolgungen zweier Bremsenarten
ausgesetzt, von denen es unbeschreiblich zu leiden hat. Die
eine verfolgt, in der Luft schwebend, die Renthiere den ganzen
Tag, fliegt bald hin, bald her, hält unmittelbar über dem
Bücken des Renthiers stille und läszt ein Ei aus ihrem Lege¬
stachel auf denselben fallen. Dieses Ei ist meist mit einer
klebrigen Substanz überzogen und bleibt daher am Haare des
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