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Das Königreich Spanien.
fruchtbares Land, für jede Cultur geeignet, aber sehr entvöl¬
kert, und daher schlecht angebaut. Ueberall sieht man verödete
Dörfer. Die Einwohner sind groß, stark, wohl gebildet, aber auch
stolz und anmaßend, und glauben, daß ihr Vaterland über
alle Länder der Erde gehe. Ihr Aussehen ist ernst und ge¬
bieterisch, ihr Ton trotzig und ungestüm, ihr Betragen kalt
und förmlich. Die Hauptstadt ist
Zaragoza (Saragossa), die größte Stadt, die wir bis
jetzt genannt haben, mit etwa 60,000 Einwohnern, in einer rei¬
zenden Ebene am rechten Ufer des Ebro. Die Bauart ist sehr
unregelmäßig, die Straßen eng, winklig und schlecht gepflastert,
aber die Häuser groß und ansehnlich. Auch ist hier, wie in Pisa,
ein hängender Thurm, der sich ebenso wie jener auf die Seite
neigen soll. Die Gegend um die Stadt gleicht einem großen,
trefflich angebauten Garten. Im Jahr 1809 wurde die Stadt
von den Franzosen belagert, und wehrte sich mit einer seltenen
Hartnäckigkeit. Die Franzosen setzten alles daran, sie einzuneh¬
men, und wandten alles auf, was die Kriegskunst vermochte.
Aber erst nach der wüthendstcn Gegenwehr, nachdem sie Straße
für Straße und Haus für Haus wie eine Festung vertheidigt hatt
ten, ergaben sich die heldcnmüthigcn Einwohner.
6. Catalu na (Catalunja).
Auch hier fast lauter Berge und Thäler. Die Gipfel
jener sind den ganzen Winter mit Eis und Schnee bedeckt.
An der See ist das Wetter so veränderlich, daß man an ei¬
nem Tage oft Kälte und Wärme, Regen und Sonnenschein,
den heitersten Himmel und den dicksten Nebel, die größte Tro¬
ckenheit und die größte Feuchtigkeit hat. Der größte Theil
des Landes gleicht einem blühenden Garten; denn die Catalo-
nier sind sehr steißige Leute, welche den steinigen Boden mit
großer Sorgfalt anbauen. In allen Thälern finden wir reiche
Olivenpfianzungen, andere Obstbäume, besonders Nuß-, Man¬
del-, Orangen-, Citronen-, Feigen- undCastanienbäume. Die
Catalonen haben in ihrem Wesen etwas Rauhes, Barsches und
Heftiges. Sie sind freiheitsliebend, stolz, voll Selbstgefühl,
und große Feinde jeder Willkür und Unterdrückung. Daher auch
die beständigen Unruhen unter der eigenmächtigen Regierung
Ferdinands VII. Sie sind im hohen Grade rachsüchtig, aber
auch die zuverlässigsten Freunde. Ueber alles lieben sie ihr