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Das Königreich Spanien. 
Hier stehe eine kurze Beschreibung des geselligen Lebens die, 
fcr Stadt, das im Allgemeinen ans alle Spanier von Stande 
paßt. Nach dem Aufstehen von der Matratze nimmt Jeder sein 
Frühstück, daß nicht wie in England ein Familienmahl ist, zu 
sich. Es besteht gewöhnlich aus Chocolade und geröstetem But- 
terbrot oder kleinen Kuchen. Jeder fordert sein Frühstück, wenn 
es ihm beliebt; Viele erst, wenn sie aus der Messe kommen, die 
nicht leicht versäumt wird. Nach dem Frühstück gehen die Man, 
ner an ihre Geschäfte und die Damen hören die Musik und die 
Predigt in derjenigen Kirche, in welcher gerade eine Feierlichkeit 
ist; denn für einen solchen Kirchenbesuch erhalten sie Ablaß wegen 
ihrer Sünden. Gegen Mittag sind die Damen zu Hause, be« 
schäftigen sich mit der Nadel, und nehmen Besuche an. Was in 
Spanien schicklich ist, ist cs nicht immer bei uns, und umgekehrt; 
z. B. wäre cs in Spanien für eine Dame sehr unanständig, den 
Besuch eines Mannes anzunehmen, wenn die Thüre keine Glas« 
fenster hat, oder nicht noch eine Zeugin bei ihr ist; ebenso iuu 
schicklich wäre es, eines Mannes Arm anzunehmen oder ihm die 
Hand zu geben. Dagegen ist es gewöhnlich, daß die Damen ei¬ 
nem Bekannten nach einer längeren Abwesenheit oder bei einem 
Glückwünsche einen Kuß geben. Unverheirathete Damen dürfen 
nie ohne Begleitung aus dem Hause gehen, und nie ohne Zeugen 
mit einem Herrn sprechen. Mittags ißt man gewöhnlich um 1 
Uhr. Selten werden dazu Gäste gebeten; das geschieht nur etwa 
bei besonderen Familienereigniffen. Dann werden die Speisen aus 
dem Wirthshause fertig geholt, und auf den Tisch gestellt. Die 
Familien sind so schlecht mit den zu einem Gastmahl nöthigen Ge- 
räthschaften versehen, daß auch Teller, Gläser, Löffel, Messer 
und Gabeln dazu vom Speisewirthe geliefert werden müssen. Bei 
Tische macht man einen großen Lärm, und spricht der Flasche flei¬ 
ßig zu, was sonst bei den nüchternen Spaniern nicht gewöhnlich 
ist. Eine sonderbare Gewohnheit ist in Spanien, daß man seine 
Freunde wohl — wie man bei uns sagt -— auf den Aermel einladet. 
Daher muß der Geladene die Einladung ja nicht etwa gleich an¬ 
nehmen , sondern er dankt für die Ehre tausendmal. Ist es aber 
dem Wirthe Ernst damit, so ladet er zum zweiten Male ein, und 
nun erst darf man es annehmen. Gleich nach Tische genießt man 
Ruhe, die Szesta. Nach derselben geht man spatzieren; vorher 
besuchen die Männer ein Kaffeehaus. Die Spatziergänge lind 
Ulm- und Pappelbaumgänge, neben denen große steinerne Bänke 
zum Ausruhen stehen. 
Hier in Sevilla, so wie in andern Städten Spaniens, be, 
sonders des südlichen, hat schon manchmal das gelbe Fieber große 
Verheerungen angerichtet. In Gibraltar ist dies erst 1828 
der Fall gewesen. Wenn auch ärztliche Vorkehrungen bisher wer 
nig im Stande gewesen sind, dem Fortschreiten der fürchterlichen
	        
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